Rumänien ist ein großflächiges, grünes Land. Hier gibt es eher keinen Wassermangel. Die meisten Einwohner leben in der Hauptstadt Bukarest. Wir fahren auf durchweg guten Straßen durch gepflegte Dörfer mit blühenden Rosensträuchern. Fast wie zuhause in Deutschland. An unbeschrankte Bahnübergänge und die Pferdefuhrwerke, die hier überall als Transportmittel genutzt werden, muss man sich allerdings gewöhnen. So kommen wir in die Region Siebenbürgen im Zentrum Rumäniens. Eine lange wechselvolle Geschichte hat die Region geprägt. Die ganz frühen Anfänge lasse ich mal weg:
Die Ungarn eroberten das Land vor reichlich 1000 Jahren und rekrutierten zur Entwicklung des Landes (unter anderen) deutsche* Siedler. *(Deutschland existierte damals noch nicht, deshalb kann man diese Einwanderer eigentlich nicht als „Deutsche“ bezeichnen.) Gegen die Attacken kriegerischer Völker, wie Türken und Tataren, mussten gewaltige Burgen gebaut werden. Auch dafür riefen die ungarischen Könige Deutsche und zeitweilig sogar den Deutschen Ritterorden nach Siebenbürgen. Die Rumänen waren zu der Zeit in der ungarischen Provinz Siebenbürgen die Dorfbevölkerung – und rechtlos. Die Siebenbürger Sachsen genossen auf dem ihnen von den ungarischen Königen zugewiesenen „Königsboden“ einmalige Privilegien und Freiheiten, die im Goldenen Freibrief von 1224 festgehalten wurden. Von jedem neuen Ungarnkönig ließen sich die Siebenbürger Sachsen diesen Freibrief neu unterschreiben bis zur formalen Abschaffung des „Königsboden“ 1876 durch Ungarn. Siebenbürgen entwickelte in der autonomen Zeit blühende Städte und Dörfer. Eine ganz spannende Region! Nach dem 1. Weltkrieg wurde Siebenbürgen Rumänien angeschlossen, weil die Mehrheitsbevölkerung rumänisch war. Auch die deutschen Siebenbürger stimmten mehrheitlich dafür, denn das damalige rumänische Königshaus ist ein „Import“ aus Deutschland.
Nur durch die Möglichkeit des EU-Beitritts bekam Rumänien und damit Siebenbürgen seit der Jahrtausendwende eine Zukunftsperspektive. Durch den Druck der EU wurden die Grundlagen für Demokratie und Rechtsstaat gelegt. Siebenbürgen ist seit 2007 eine europäische Region, in der sich auch Bürger anderer EU Staaten niederlassen und die Investoren aus aller Welt anzieht.
Wir kommen nach Sighisoara, zu deutsch Schäßburg, in die Heimatstadt von Graf Dracula. Wir übernachten auf dem großen zentralen Parkplatz und laufen viele Treppen hoch in die herrliche Altstadt, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Unterwegs kehren wir in eine typische rumänische Kneipe ein. Wir erfahren von dem jungen Barkeeper, mit welchen Problemen die jungen Leute in Rumänien zu kämpfen haben. So viele sind gut ausgebildet und haben studiert, sprechen meistens fließend Englisch und bekommen trotzdem keine adäquaten Jobs. Unser „Drago“ so nenne ich ihn mal, ist studierter Architekt, will unbedingt in der Gegend bleiben und nicht wegziehen. Deshalb ist er zur Zeit Barkeeper!
Natürlich statten wir auch dem „Geburtshaus“ von Vlad Dracul einen Besuch ab. Der grausame Fürst ist als „Graf Dracula“ bekannt. Wo einst der Obervampir gelebt haben soll, befindet sich heute ein Restaurant. Es lohnt sich unbedingt auf einer Reise durch Rumänien, hierher zu kommen.
Für uns geht es weiter über die auch sehenswerte Ortschaft Rupea, mit weithin sichtbarer Burganlage, nach Brasov. Diese rumänische Großstadt ist für ihre aus dem Mittelalter stammenden Sächsischen Stadtmauern und Bollwerke sowie für die imposante gotische Schwarze Kirche und viele Cafés bekannt. Der große Rathausplatz in der gepflasterten Altstadt ist von farbenfrohen Barockgebäuden umgeben. Brasov wurde von den Deutschen Rittern im frühen 13. Jh. als südöstlichste deutsche Stadt mit dem Namen „Kronstadt“ gegründet. Es ist etwas schwierig in Brasov einen Parkplatz zu finden. Die App Park4night bietet viele Möglichkeiten an. Wir mussten den Berg hoch fahren, hatten dort Glück, direkt neben den Treppenstufen hinunter zur Altstadt einen Parkplatz zu finden. Es war zwar anstrengend aber ein gutes Training. ;-))
Später kommen wir durch Dörfer ohne Bürgersteige, dafür mit tiefen Regenwasserkanälen, über die ein schmaler Steg in das jeweilige Haus führt. Hier ist Aufpassen angesagt. Schafherden weiden rechts und links der Straßen, frische Pfifferlinge werden am Straßenrand verkauft. Ich muss über mich selber schmunzeln als ich eine Tüte voller leckerer Pilze kaufe. Wenn Pfifferlinge auf unserem Wochenmarkt zu Hause angeboten wurden, die aus Rumänien stammten, habe ich keine gekauft. In meinem Kopf gab es immer das gleiche Zwiegespräch: „Zu weit weg, die Waren zu lange unterwegs und überhaupt, wer kauft schon was aus den transsylvanischen Wäldern in Rumänien ;-))
Übrigens, Transsylvanien kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Jenseits der Wälder“. Wie passend ist auch das Schloß von Graf Dracula von dichtem Wald umgeben, in dem Wölfe hausen. Bald kommen wir durch den Wald in den gnadenlos touristisch vermarkteten Ort Bran. Hier übernachten wir ruhig auf einem privaten Stellplatz mitten im Ort, 100 m vom Schloss entfernt. https://park4night.com/lieu/422298/
Das mächtige Schloß in einem weitläufige Park bildet den Mittelpunkt in dem von Autos verstopften Städtchens. Jeder will einen Blick werfen. Dabei weiß niemand, ob der bekannteste Vampir überhaupt dort gewohnt hat. Bekannt wurde Schloß Bram durch Bram Stokers „Dracula“ -Film.
Weiter geht die wilde Fahrt durch den schönen Nationalpark Piatra Craiului, auf deutsch: Nationalpark Königstein. Er ist ein Schutzgebiet in den Südkarparten. Er weist eine Karstlandschaft mit spektakulären Kalksteinformationen auf. Unser Ziel ist der Parkplatz an einem alten Felsenkloster „Manastirea Rupesta Sinca Veche“. https://park4night.com/lieu/153513/
Das sehr sehenswerte Höhlenkloster ist ein historisches Denkmal auf dem Gebiet des Dorfes Sinca Veche. Wir erhalten eine private Führung durch junge Leute, die uns erzählen, dass die Menschen früher sich wegen ihres Glaubens verstecken mussten und deshalb ihr Heiligtum tief in die Erde gebracht haben wo es niemand finden konnte. Sehr ergreifend! Abends kommt der örtliche Schäfer mit seiner Herde vorbei und trinkt mit Dieter ein Bier! Man(n) versteht sich auch ohne Worte. Morgens werden wir geweckt von orthodoxen Kirchengesängen und vom Läuten der Glocken.
Diese Eindrücke nehmen wir mit auf der Weiterfahrt entlang der Karpaten mit ihren schneebedeckten Bergspitzen. Wir besuchen noch die Stadt Fāgāras mit ihrer großen Zitadelle und tollen Kirchen und verbringen das anschließende Wochenende auf dem Land in dem kleinen Dorf Drāgus https://park4night.com/lieu/129098/
Hier stehen wir am Dorfrand, kostenfrei auf einem stillgelegten Campingplatz. Ein herrlicher Blick auf die Karpaten, eine grüne blühende Natur um uns herum. Die einfache Dusche erinnert mich an die meiner Großeltern an der Mosel, aus alten Zeiten. Die Rohre auf der Wand, eine Lux-Seife und eine Scherbe als Rasierspiegel für die Männer ist die Einrichtung. Es gibt hier auch kein Dach, alles im Freien. Hat trotzdem Spaß gemacht zu duschen!
Wieder sehr interessant und eloquent formuliert. Macht viel Spaß beim Lesen. Vielen Dank.
Danke! das freut mich.
Wir wünschen eine schöne Weihnachtszeit!