„Primavera“ en España 2022; Portugal: Alentejo, Teil 1

Mit einem weinenden aber auch lachenden Auge verlassen wir den „Korkeichen-Stellplatz“ in São Brás de Alportel. Wir wissen, dass wir hier immer willkommen sind und freuen uns jetzt auf den Roadtrip durch die Region Alentejo, die unmittelbar an die Algarve angrenzt. Im Norden endet sie am Fluß Tejo. Wir sind so richtig im Flow und können uns nicht sattsehen an kulturhistorischen Kostbarkeiten, Weltkulturerbestätten, malerischen Dörfern, unberührter Natur, endlosen Ebenen, fantastischen Sandstränden so weit das Auge reicht. Wir haben in den letzten 14 Tagen ca. 20 spannende Orte besucht, die unterschiedlicher nicht sein können und doch oft ähnlich aussehen. Zuerst hab ich gedacht, ich schreibe eine kurze Zusammenfassung unserer Erlebnisse im Alentejo, bin aber jetzt der Meinung, dass jeder Platz an dem wir waren, es wert ist, genannt und beschrieben zu werden. So nehme ich euch jetzt mit auf eine eindrucksvolle Rundreise durch diesen ursprünglichen Landstrich im Südwesten Portugals.

Bevor wir später die Hauptstadt Évora, die auch gleichzeitig die größte Stadt in der Region ist, besuchen, finden wir uns zunächst an einem idyllischen Stausee ein. Der Weg an den >Barragem Pego do Altar< ist gesäumt von Storchennestern am Wegesrand. Man hätte ständig anhalten können. Die Jungen recken ihre Hälse nach dem Futter, welches die Alten nicht schnell genug herbeischaffen können. In unmittelbarer Nähe des Stausees befindet sich das Restaurante Mondina, wo wir leckere einheimische Küche genießen! Das Leben ist schön!

Einige Kilometer weiter wartet das schmucke Örtchen Santa Susana auf uns. Hier ist alles hergerichtet wie aus dem Ei gepellt. Auf einem Plakat in der Tourist-Info steht: Santa Susana, das Dorf, in dem der Alentejo begann, sich blau zu färben. Die Farbe ganz Portugals ist blau, erklärt uns die nette Dame. Nicht wegen der blauen Atlantikgrenze und des klaren Blau des Himmels. Es sind die Azulejos, die die portugiesische Kunst so prägt. Azulejos, so nennt man die Kacheln, mit denen in Portugal Häuser verschönt, Gärten und Denkmäler gestaltet werden. Ich komme später in einem anderen Zusammenhang auf die Farben nochmal zurück.

Wir sind weiter in dieser beschaulichen Gegend unterwegs und lassen uns Zeit. Alcácer do Sal kommt in unseren Blick. Die weiße Stadt liegt an den Ufern des Rio Sado, der einige Kilometer weiter ins Meer mündet. Dorthin wollen wir auch hin. Bevor ich aber weißen Sand unter meinen Füßen spüren kann, gehts noch zu einem Highlight in das kleine Fischerdorf Carrasqueira. Hier gäbe es eigentlich nichts Besonderes zu sehen, wären da nicht die Holzstege und -hütten des Cais de Palafitas ( N38.412869°, W8.756285°) Wir hatten schon einiges über diese abenteuerliche Konstruktion gehört und waren ganz gespannt. Der selbstgezimmerte Kai entstand in den 1950er- Jahren aus der Not heraus. Die Boote der Fischer lagen bei Ebbe viel zu weit weg vom Land, getrennt durch schlammigen Lehmboden. Um die Boote in der Nähe zu haben, bauten die Fischer einen gezeitenfesten Holzsteg. immer mehr kamen dazu und mittlerweile stehen auch kleine Fischerhütten auf Stelzen. Die Palafitas sind einzigartig in Portugal, es gibt sie sonst an keinem anderen Ort. Hobbyfotografen stürmen in der Saison diese Stege auf der Suche nach dem besten Motiv, erzählt uns ein alter zahnloser Fischer, der aber nicht auf mein Foto wollte. Das ist wohl mit ein Grund, das hier mit EU Mitteln der „Hauptsteg“ vollständig erneuert wurde. Trotzdem ist es ein wackeliger Gang über dieses außergewöhnlichen Stege. Bigfoot beäugt das Ganze vom sicheren Ufer aus.

Wir fahren 30 Kilometer weiter auf der N253 bis in den Küstenort Comporta. Unterwegs muss mein Fahrer ständig anhalten, so viele Fotomotive gibt es hier. Diese Mal sind es keine Schwarzbären wie seinerzeit in Kanada. Daran erinnert er mich brummend, während er aber brav anhält, sondern Storchennester. Meistens mit zwei Jungstörchen im Nest. Ach was ist das schön denen beim Füttern zuzusehen.

Wenn ich natürlich vorher gewußt hätte, dass Comporta auch Storchendorf genannt wird, hätte ich nicht so genervt.

Wir stehen am Ortseingang neben der Polizei-Station (GNR) auf einem großen Sandplatz, der für Wohnmobile freigegeben ist. Nur Freitags, am Markttag, kann man dort nicht bleiben. Wir haben Glück, es ist nicht viel los.

Der strahlend weiße lange Sandstrand ist ca 1,5 Kilometer entfernt. Wir laufen das Stück an Reisfeldern entlang, die gerade bewässert werden. Über Holzstege gelangen wir zu den bekannten Dünen vom Comporta. Gut, dass wir Sonnenbrillen auf haben, sonst wirst du von dem Farbenspiel, blaugrünes Meerwasser, weißer Sand und blauer Himmel völlig geblendet. Kilometerweit erstreckt sich der Strand bis auf die Spitze der Halbinsel Tróia, die wir später auch besuchen. Wir laufen und laufen und laufen und sonnen uns windgeschützt in den Dünen. Unbeschreiblich wohltuend und gut für die Seele ist es, an diesem schönen Strand zu sein, dem Rauschen des Meeres und manchmal einem wichtigen Gesprächspartner am Telefon zuzuhören. ;-))

Abends spazieren wir durch das schon ziemlich touristische Örtchen. Tróia und seine mondänen Besucher werfen ihre Schatten voraus. Wir bestaunen die vielen Storchennester und schauen einer „Storchen-Familie“ zu, wie sie versucht ihr „Haus“ wieder aufzubauen, welches vom Schornstein leider aufs Dach gerutscht war. Dabei fällt uns auch auf, wieviele „Untermieter“ ein solches großes Storchennest hat. Heerscharen von kleinen Vögeln niesten dort in großer Eintracht mit den Hausherren. Das Vogelgezwitscher erfüllt die Luft, man könnte ewig bleiben.

Wir aber ziehen weiter auf die schon erwähnte Halbinsel Tróia. Ich bin ganz gespannt. Bisher haben wir die markanten Hochhäuser und den weißen Traumstrand von der gegenüberliegenden Seite, von Setubal aus bewundert. Bald sind die 15 Kilometer geschafft, die Straße teilt Tróia in zwei Hälften, so drücke ich es mal aus. Die linke Hälfte bleibt den Reichen und Schönen vorbehalten, die hier ihre eingezäunten Grundstücke besitzen. Ein Golfplatz erstreckt sich vor uns und Kolonnen von Arbeitern sind dabei, die Rasenflächen, Hecken und Sträucher zu pflegen. Du kannst nirgendwo abbiegen. Das ist wohl auch nicht gewünscht. Vorne auf der Spitze befindet sich ein großes Casino und der Yachthafen. Wir können an der großen Hotelanlage nicht abbiegen, ein Lastwagen, der Ware auslädt, versperrt den Weg. Ok, wir haben verstanden. Mein Fahrer wendet gekonnt und wir orientieren uns auf die linke Seite der Halbinsel. Hier befinden sich die Ruinen der römischen Siedlung Cetóbriga. Die Gegend ist trotz Restaurierung zu Beginn der 1980er Jahre in einem schlechten Zustand. Ein echter „Lost Place“ sagen wir gleichzeitig als wir dort einen schönen Frühstücksplatz finden.

Später nehmen wir die Fähre nach Setúbal. Mein Fahrer murrt zwar ein wenig über den stolzen Preis von 36 Euro für die wenigen Kilometer. Wir sparen aber Sprit und Zeit. Die Umfahrung wäre 90 Kilometer lang gewesen. Alles gut! Wir sind bald im Hafen der quirligen Stadt an der Sado Mündung. Über die App Park4Night finden wir auch schnell einen Parkplatz in der Nähe.

Was für ein Glück wir haben. Hier ist nämlich viel los, es findet eine „Open-Water-Schwimm-WM statt, der Stadtstrand ist gut gefüllt. Wir freuen uns, mal nicht im Winter hier zu sein. Bei 25° und super Sonnenschein lässt es sich am Strand gut aushalten. Aber auch die gepflasterten Straßen der Altstadt wollen von uns besucht werden. Wunderbar hier herum zu lustwandeln. Wir essen fangfrische Sardinen in einem urigen Lokal an der Straße. Der Chef persönlich steht für seine Gäste aus „Alemania“ am Grill und serviert uns das Essen.

So gestärkt steht dem Besuch in unserem Lieblingsweingut „Quinta de Alcube“ ( www.quintadealcube.pt) nichts mehr im Weg. Ja, wie hier und da schon öfter mal, ist die Route etwas kompliziert und nur für Lkw bis 3,5 t zugelassen, aber „Bigfoot“ heißt ja Wohnmobil. ;-)) Hoffentlich kann er mit seiner Höhe die lange Baumallee bis zum Haupthaus durchfahren. Es klappt alles gut. Die mächtigen Bäume haben ein Einsehen. Wir parken am Weinberg und laufen hoch zur Weinkellerei. Gott sei Dank ist alles vorrätig was wir an Rotwein von hier so lieben. Aufgrund der sommerlichen Temperaturen machen wir noch eine kleine Weinprobe und lassen uns auch den Rosé und Weißwein munden.

Die Bestellung wird größer. Der Patron des Hauses, Manuel Gomes, erlaubt die Übernachtung auf dem Weingut und schenkt uns zwei Weingläser mit dem Logo der Quinta drauf. Eine schöne Erinnerung! Die Gläser sind oft im Gebrauch, weil unkaputtbar und gut am Strand oder an sonst einer schönen Stelle draußen zu benutzen.

Ausgeruht und guter Dinge fahren wir am nächsten Tag nach Évora.

Übrigens: Die allermeisten Übernachtungsplätze die wir so anfahren, finden sich in der App >Park4Night< wieder. Von daher erspare ich es mir, jedes Mal die Koordinaten oder die genaue Adresse anzugeben. Hin und wieder schlafen wir auch irgendwo im Nirgendwo. Die Orte beschreibe ich nicht genauer. Da muss dann jede(r) für sich selbst entscheiden!

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