Portugal: Der Nordwesten; „Vinho Verde“-Land

Fisterra – Pontevedra – Tui – Lindoso- Guimaraes – Vila de Conde (300 km)

 

Nach über einem Monat und 4000 km sind wir jetzt in Portugal angekommen. Dazu aber gleich mehr.
Wir blicken zunächst nochmal zurück auf unser Abenteuer „Jakobsweg“. Vom Cabo Fisterra, unserem letzten Standort ist nicht so leicht Abschied nehmen. Wir mussten nach einem guten Frühstück da nochmal hin. Viele Pilger begegneten uns auf dem ca. 3 km langen Weg vom Ort hinaus zum Leuchtturm. Der Felsen begrüßte uns mit Sonnenschein, Menschen saßen auf dicken Steinen, schauten aufs Meer und fühlten sich scheinbar tatsächlich angekommen.

 

 

 

Weiter geht’s hier auch nicht. So empfanden wir es auch. Nach dem Felsen, auf dem hoch oben der Leuchtturm thront, kommt nur noch ganz viel Meer. Beim Anblick der Felsen, des Horizonts und des Leuchtturms gerät man ins Träumen. Die Pilger danken Gott oder anderen Mächtigen für die Schönheit dieser Welt. Und freuen sich darüber, an einem Ort zu sein, den die Römer für das Ende der Welt hielten. Tosende Brandung singt hier ihr tägliches Lied. Die Menschen legen hier Teile ihrer Ausrüstung ab, manche verbrennen sie auch und sind andächtig bei der Sache. Für Dirty Harry finden wir einen magischen Platz, bewacht von wilden Ziegen. Wir klettern auf den Felsen herum, schauen aufs Wasser und lassen uns von der zufriedenen Stimmung einfangen; beschließen die Nacht hier zu verbringen. Wohltuend schön!

 

Mittlerweile sind wir im Nordwesten von Portugal. Gemütlich fahren wir an der wenig touristischen galicischen Küste entlang in Richtung der spanischer Grenze.

 

 

Nicht ohne die Technik des Womos nochmal zu fordern. In der Nähe von Dumbria geht eine 30% Steigung mehrere Kilometer hoch über den Berg mit einem eindrucksvollen Aussichtspunkt. Allerdings konnte ich bei meinem Fahrer das Herz bubbern hören…, bloß nicht den Motor abwürgen! Doch null Probleme für Dirty Harry, er schnurrt die Bergstraße mit den super engen Kehren hoch. Hat sich wohl bei den Ziegen letzte Nacht was abgeguckt :-))  230 PS und entsprechendes Drehmoment sind doch manchmal hilfreich. Oben angekommen eröffnet sich uns ein gigantischer Ausblick!

 

 

 

Begleitet wurden wir von den für Galicien typischen Getreidespeichern. Am Anfang dachte ich die Leute hätten darin ihre Toten beerdigt…doch es sind eben meistens Maiskolben…

 

Tui, der Grenzort zu Portugal hat eine sehenswerte Eisenbahnbrücke, die von Gustave Eiffel entworfen wurde. Sie verbindet die Grenzstadt am Fluss Minho mit Portugal. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, über den Fußgängerstreifen der Brücke kamen Pilger!

 

 

Tja die lassen uns zur Zeit nicht los. Wir sind nämlich, durch Zufall auf dem „Portugiesischen Jakobsweg“, den auch viele Menschen pilgern, wie wir im weitern Verlauf sehen werden. Er beginnt in Porto und man kann entweder an der Atlantikküste entlang wandern oder etwas weiter im Landesinnern Kurs auf Santiago de Compostela nehmen. Der Weg ist ungefähr 350 km lang.

 

 

 

 

 

Der Sohn unserer Freunde aus Wolfenbüttel ist ihn gelaufen, wie wir hören. Wir freuen uns auf einen späteren Erfahrungsaustausch mit ihm. Keine Angst, wir pilgern ihn nicht, sondern widmen uns hier den kleinen sehenswerten Orten und der herrlichen Küste. Inspirieren lassen wir uns von einem interessanten Reiseführer der Firma „Reise Know-How“ und wir profitieren im späteren Verlauf von unseren eigenen Erfahrungen. Wir nahmen vor einigen Jahren an einer „Genussreise“, veranstaltet von Lars Schober, teil. Einige besondere Ziele der von Gibraltar bis Porto verlaufenden Pilot-Tour werden wir nochmals aufsuchen.
Wir kommen durch Villa Nova de Cerveiro und erkunden die kleine Stadt. Auffällig ist, dass hier viele Blumenkästen und Fallrohre umhäkelt sind.

 

Jeder Ort hat als Mittelpunkt eine oder mehrere interessante Kirchen. Klar, sie liegen am Jakobsweg und die Portugiesen sind sehr gläubige Menschen. Ich komme nicht umhin und muss die Gotteshäuser ablichten. Insbesondere die Friedhöfe, wie hier im nächsten Ort Caminha, zeigen sich mit riesigen, aufwendigen Familien-Grabstätten ausgerüstet.

 

 

 

Unser Schwerpunkt hier im Nordwesten des Landes ist die Vinho Verde Gegend. Dieser spritzige Weißwein hatte es uns schon damals angetan und wir freuen uns auf den Besuch bei einigen Winzern. Der „grüne“ Wein, so die wörtliche Übersetzung (gemeint ist aber eher junger Wein) stammt aus dem Anbaugebiet zwischen den Flüssen Duoro und Minho hier im Norden des Landes. Das Grün bezieht sich nicht auf die Farbe des Weins, sondern auf das Grün der Natur des Landstriches in dem er wächst. Wir lernen auch, das es roten und roséfarbenen Vinho Verde gibt.

Wir besuchen vorher  noch die Hafenstadt Viana do Castelo, die mit einem prächtigen Blick von der auf 226 m hoch liegenden Wallfahrtskirche, Santa Luzia, wirbt. Die Basilika und ihre riesige Kuppel sind Sacré-Coeur in Paris nachempfunden.

 

 

 

 

Einen Übernachtungsplatz finden wir kurz vor dem genannten Ort an einem wunderschönen langen Strand (Praia de Afife). Hier bleiben wir für ein Wochenende.

 

 

 

 

 

 

 

Gut erholt von ausgiebigen  Strandspaziergängen, machen wir zunächst noch einen Abstecher in den einzigen Nationalpark Portugals, „Pineda-Gerês“, und besuchen hier das alte Granitsteindorf Lindoso. Es liegt kurz vor der spanischen Grenze. Eine mächtige Burg und ein kurioses Ensemble aus historischen Maisspeichern auf einem Felsplateau machen den besonderen Charme dieses kleinen Ortes im Herzen des Nationalparks aus. Wohnmobile dürfen auf dem Parkplatz vor der Burg kostenlos übernachten.

 

 

 

 

 

Wir entscheiden aber, dass jetzt Zeit ist uns endlich dem Vinho Verde zu widmen. Viele Weinberge sind uns schon auf der Strecke begegnet. Hier gibt es keine großen Parzellen und auch keine Winzergenossenschaften. Jeder hat vor seinem Haus seinen Weinberg und macht seinen eigenen Wein. Der Wein wird hier in Pergolaform angebaut. Das Blätterdach schützt die Trauben vor der Hitze, ist aber für die Ernte überkopf anstrengend. 30.000 Winzer bringen 260 Sorten auf den Markt. Da haben wir ja noch was zu tun. :-))

 

 

Wir fahren auf der N 203, der Rota dos Vinho Verde zunächst nach Ponte da Barca. Das ist ein hübscher Ort am Ufer des Rio Lima und eine historische Station des portugiesischen Jakobswegs. Der Name „Barca“ (Fähre) geht auf die Zeit zurück, als Jakobspilger den Rio Lima mit einem Boot überqueren mussten. Die steinerne Bogenbrücke, über die wir heute fuhren, entstand im 14 Jh. Der Ort hat seinen ganz eigenen Charme.

 

 

 

 

Vor allem hat er Vinho-Verde. Wir haben in einer einfachen Kneipe Wein bestellt und wunderten uns, dass er aus dem Hahn gezapft wurde. Spritzig, schön kalt und süffig verführte er uns gleich eine weitere Runde zu bestellen. Bezahlt haben wir 0,75 Euro fürs Glas. Ob wir wohl hier den Rest unseres Urlaubs verbringen wollen, war eine kurze Überlegung…Aber nein, es gibt noch so viel zu sehen in diesem kleinen aber spannenden Land.

So sind wir die 15 km weitergefahren nach Ponte de Lima, der ältesten Kleinstadt Portugals, mitten im Herz des besagten Weinanbaugebiets. Reizvoll ebenfalls am Rio Lima gelegen mit einer römischen Brücke und einem mittelalterlichen Stadtbild, atmet der Ort Geschichte in allen Gassen und Plätzen. Für Wohnmobilsten ist Ponte de Lima mit einem zentralen Parkplatz an den Ufern des Flusses und allen wichtigen Sehenswürdigkeiten in unmittelbarer Nähe ein besonders angenehmer Ort.

 

 

 

Auffällig ist genau gegenüber unseres Stellplatzes auf der anderen Flussseite eine große Statue, die einen römischen Feldherrn auf seinem Pferd darstellt. Im Tourismusbüro nachgefragt, erfuhren wir dessen Geschichte:

 

Tatsächlich waren damals die Römer auf dem Vormarsch und lagerten am Fluss, überwältigt von der Schönheit  der Landschaft glaubten sie am legendären Unterweltfluss Rio Lethe (Fluss des Vergessens) zu sein. Die Überlieferung  war, das jeder, der in durchquert sein Gedächtnis verlieren würde und Familie, Herkunft und Name wären ausgelöscht und man sei zum Bleiben verdammt! Die römischen Soldaten fürchteten sich und weigerten sich den Fluss zu überqueren. Der Heerführer konnte weder mit Drohungen, noch Versprechen daran etwas ändern. Daraufhin nahm er sein Pferd und schwamm mit ihm durch den Fluss. Auf der anderen Seite angekommen, rief er jeden einzelnen seiner Männer beim vollen Namen. So konnte er allen beweisen, dass sein Erinnerungsvermögen funktionierte. Alle folgten ihm…. und wenn sie nicht gestorben sind……

Wir hatten Spaß an der Geschichte und ließen diesen römisch geprägten Ort in der Morgensonne auf uns wirken, nicht ohne zu prüfen, ob wir denn noch unsere Erinnerungen haben -:))) Auch die gerade vorbeilaufenden Jakobspilger fanden sichtlich Freude über die alte Brücke gen Santiago de Compostela zu laufen und Selfies an einem bemerkenswerten Denkmal am Wegesrand vor der alten Kirche zu machen.

 

 

 

 

 

Unser Weg über die N201/101 führte uns weiter auf der Vinho-Verde-Route.

 

 

Heute wollten wir eine Quinta, so heißen hier die Weingüter, aufsuchen, bei der wir bei unserer „Genussreise“ wunderbaren Wein getrunken und vorzüglich gespeist hatten.

Wir dachten, das könnten wir heute nochmal wiederholen. Wir fanden zwar die Casa de Sezim in Giumaraes, konnten auch Wein kaufen, aber essen und eine Weinverköstigung bieten sie nach wie vor nur für angemeldete Gruppen an. Unser Gastgeber hatte sich vor drei Jahren in Richtung Zukunft seines elterlichen Weingutes anders geäußert. Irgendwie war hier die Zeit stehen geblieben. Schade zwar, aber wir freuen uns trotzdem über den eingekauften Wein und das Traumwetter.

 

 

Eben dieses veranlasste uns, auf die Besichtigung der Stadt Braga, die das Rom Portugals genannt wird, zu verzichten um schnellstmöglich an die Küste zurück zu kommen. Auch ein Stadtbummel durch Guimaraes fiel dem Wetter zum Opfer. Bei 27° C schafften wir es mal eben der großen Burg im Ort einen Besuch abzustatten.

 

Beide Städte haben wir bei unserer letzten Reise ausführlich besucht, daher also auf ein nächstes Mal. Das lohnt sich. Insbesondere Guimaraes, deren alter Stadtkern zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. Hier ist sozusagen sozusagen die >Wiege der Nation<.  1139 n. Chr. wurde hier von Afonso Henriques das Königreich Portugal gegründet.

 

Über die Autobahn ging es dann schnell die 50 km zurück an die Atlantikküste nach Vila do Conde. Hier stehen wir ganz nah am Meer oberhalb der Marina und freuen uns über diesen schönen, kostenlosen Übernachtungsplatz.

 

 

Unser nächstes Ziel ist Porto, die zweitgrößte Stadt Portugals und das Centrum des Portweins.

 

4 Kommentare bei „Portugal: Der Nordwesten; „Vinho Verde“-Land“

  1. Ihr Lieben, hier ist es mittlerweile 11 Grad kalt, es nieselt und es ist grau. Auf den Weg in den Feierabend habe ich euren schönen Bericht genossen. Danke dafür. Seit gedrückt, Sabine

    1. Danke zurück…ist immer schön aus der „Heimat“ zu hören. Bis bald kurz vor Gibraltar

  2. Hallo ihr Lieben,

    ich bin schon immer freudig gespannt auf eure wöchentliche Lektüre.
    Vielfach habt ihr bei uns schöne Erinnerungen an unsere Atlantiktour von 2015 geweckt.
    Klasse finde ich euere Pilgerfahrt auf 4 Rädern durch das herrliche Hinterland von Spanien und Portugal. Ich glaube da müssen wir auch noch mal hin.
    Auch schön zu sehen, dass euch ‚Dirty Harry‘ so viel Freude macht. Macht weiter so!

    Liebe Grüße
    Beate

    1. Hallo Beate,
      ja das ist gewissermaßen unsere Testreise mit der kleinen „Einraumwohnung“ für unseren nächsten Kanada/USA Trip.. klappt bisher prima
      LG Dieter+Renate

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