„Primavera“ en España 2022; Portugal: Alentejo, Teil 2

Ich wache total gerne auf dem Stellplatz in einem Dorf auf, öffne das Fenster und schaue zu, wie die Leute aus ihren Häusern kommen, ihre Kinder zur Schule fahren oder mit den Hunden Gassi gehen. Die Sonne scheint durchs Dachfenster, es riecht nach Sommer und frisch aufgebrühtem Kaffee, den mein Lieblingsmensch mir ans Bett bringt. Dabei fällt mir die Liedzeile von Franz Josef  Degenhardt  aus ‚Deutscher Sonntag’ ein. Er beschreibt dort, wie er auf der Fensterbank sitzt und die Leute beobachtet. Sie lautet: „…..da friere ich vor Gemütlichkeit“. So geht es mir in solchen Momenten auch.

Voller Elan und mich auf die Eindrücke der Stadt freuend, kommen wir ebenfalls an einem Sonntag in Évora an. Es ist heiß und viel los auf dem stadtnahen kostenfreien Parkplatz. Der ist terrassenförmig angelegt und für „Autocaravanas“ sind die Parkflächen extra ausgewiesen, was die PKWs aber nicht hindert, sich unter den Bäumen einen schattigen Platz zu suchen. Überraschend treffen wir „unseren Polizisten“ aus Spanien mit seiner Frau wieder. Julio und Jolanda bleiben in seiner Freizeitphase einige Tage hier. Sogleich entwickelt sich zwischen den Männern ein „Garagengespräch“: Dieter zeigt ihm seine neue „Filteranlage“.

Es ist schon ein Unterschied, ob man im Winter oder jetzt im Frühling hier ist. Auf dem zentralen Platz „Praça do Giraldo werden Touristengruppen herumgeführt, es ist voll in den engen Gassen der Altstadt. Dennoch genießen wir die quirlige Atmosphäre dieser UNESCO Weltkulturerbe-Stadt.

Évora ist auf römische Gründung zurückzuführen und hatte sein Goldenes Zeitalter von dem Moment an, als es im 15. Jahrhundert zur Residenz von Königen und Adligen auserwählt wurde. Die historische Bedeutung, die sich im Reichtum der Bauten widerspiegelt und die Gründung der berühmten Universität im 16. Jahrhundert, führten die UNESCO dazu, es als Weltkulturerbe zu klassifizieren. Die Farben der prächtigen Häuser und Denkmäler sind in weiß/gelb gehalten, wobei das dunkle gelb die Farbe Gold bedeuten soll. Ein bewußter Unterschied zu den weiß/blauen Häusern der eher ärmeren Bevölkerung.

Am nächsten Morgen fahren wir zu dem großen Parkplatz am anderen Ende der Stadt und stehen neben dem beeindruckenden Viadukt, welches die Stadt über mehrere Kilometer durchzieht. Hier werden wir beim nächsten Mal auch übernachten, ist nicht soviel „Karabalik“ als auf dem anderen Platz. Der eigentliche Grund für den Platzwechsel aber war die Feststellung, dass das Roaming-Kontingent unserer spanischen Sim-Karte aufgebraucht ist. Wir kaufen deshalb in einem nahegelegenen Vodafone-Shop noch eine portugiesische Sim-Karte. 14,99 Euro für 15 Tage ohne Begrenzung des Datenvolumens. Ein unglaubliches Angebot, von dem wir in Deutschland nur träumen können. Unser Router im Wohnmobil akzeptiert die zweite Karte sofort. Super, wenn die Technik funktioniert. Wenn wir wieder in Spanien sind, wird einfach wieder auf die spanische Sim-Karte umgeschaltet.

Vergnügt geht es weiter auf der N18 Richtung Osten in die portugiesische Marmorgegend um Estremoz und Vila Viçosa. Von weitem kommt aber als erstes die imposante Burg von Évoramonte in Sicht. Blinker setzen und links abbiegen, den Berg hochfahren und auf dem ersten Parkplatz anhalten, die Umgebung genießen. Wunderbar! Wir laufen den alten Burgweg hoch, bei 34° Grad nicht ganz so einfach. Aber hier, auf einer der höchsten Erhebungen des Ossa-Gebirges geht ein leichter Wind der das Ganze erträglich macht. Die alte Burg macht die Tür auf.

Die Ursprünge der Burganlage reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als „Gerald der Furchtlose“ den Ort von den Mauren zurückeroberte. Später erhielt der Ort sein erstes Marktrecht und 1306 befahl der damalige König „Dinis“, den Ort zu befestigen. Heute zeugt nicht mehr soviel von der ehemaligen Blütezeit. Wir laufen über die alte Befestigungsmauer und schauen durch die Gucklöcher weit ins Land, sehen aber keine Feinde nahen! In den alten Gassen meint man mit Fantasie das Hufgetrappel zu hören, wenn der Wind über die alten Pflastersteine streift. Bei unserem Spaziergang durch das Dorf stellen wir fest, dass wir mit dem Wohnmobil ohne weiteres auf den oberen Parkplatz hinter der Kirche hätten fahren können.

Diese Erkenntnis werden wir übrigens noch öfter haben. Bigfoot beschwert sich auch das eine oder andere Mal, wenn wir ihn auf einem großen Platz stehen lassen und in die historischen Dörfer, die wie Adlernester hoch am Berg kleben, wandern. Oben angekommen, sagt mein Fahrer meistens: da hätten wir auch hochfahren können. Einen Vorteil hat das Ganze aber. Das „Hüftgold“ hat weniger Chancen zu wachsen. :-))

Die Temperaturen im Alentejo klettern weiter. Wir verbringen deshalb das Wochenende auf dem Campingplatz „Alentejo“ http://www.campingalentejo.com

Der idyllisch gelegene private Campingplatz unter niederländisch/portugiesischer Leitung, hat große Stellflächen für Wohnwagen und Wohnmobile. Ein Swimmingpool zwischen Felsen lädt zu einem kühlen Bad ein. Die Betreiber sind zuvorkommend und heißen uns willkommen, geben Tipps für Unternehmungen in der Umgebung. Das Weindorf Borba liegt in der Nähe. Da wundert es nicht, dass der Kühlschrank an der Rezeption gut gefüllt ist mit leckerem Wein, den man für 5 Euro die Flasche kaufen kann. Alles ist gut, außer der Lage des Campingplatzes, direkt neben der ziemlich befahrenen Nationalstraße. Wir schwimmen viel im Pool, trinken eisgekühlten Rosé und schauen uns mit dem Motorroller die Gegend an. So kann man die Fahrgeräusche der Straße auch kompensieren. Nachts ist es eher ruhig. Auf alle Fälle wollen wir wieder hierher kommen.

Im nahegelegenen Estremoz findet samstags ein großer Markt statt. Der Betreiber fährt seine Gäste mit dem Großraumfahrzeug gegen einen Obolus dorthin. Wir düsen mit dem Moped in die vornehme Marmorstadt. Sie besteht aus zwei Teilen: dem mittelalterlichen Viertel um die Burg und der modernen Stadt außerhalb der Burgmauern. Bekannt geworden ist Estremoz vor allem durch den weissen, qualitativ hochwertigen, Marmor der hier abgebaut und verarbeitet wird. Portugal ist weltweit das zweitgrößte Marmorexportland, und 90% des Marmors stammen aus der Gegend um Estremoz. Wieder mal was gelernt.

Auf der Weiterreise kommen wir an unzähligen Marmorbrüchen vorbei. Auch in dem schon erwähnten Weindorf Borba, in das wir zum Frühstück fahren, sind sogar die Zebrastreifen aus Marmor. Wir finden in der Dorfmitte direkt am Stadtpark einen schönen Parkplatz. Durch unseren „Hochsitz“ haben wir das Gefühl, mitten im Springbrunnen zu sitzen.:-)) Die alten Herrn auf den Bänken umrunden Bigfoot heimlich und das ein-oder andere Handy-Foto wird auch gemacht. Als wir aussteigen, um eine Runde durch das schmucke Dorf zu laufen, gehen die Daumen hoch. Die Leute freuen sich mit uns über unser außergewöhnliches Wohnmobil. Es ist Sonntag und die Wein- Quintas haben leider geschlossen, teilt uns der Mensch in der Touristinfo bedauernd mit. Wir finden das auch sehr schade. Weine aus dem Alentejo sind sehr gut bekömmlich und auch bezahlbar.

Wir besichtigen auch noch die andere Marmorstadt Vila Vicosa. Wirklich staatsmännisch imposant diese Gebäude in der Stadt, alle aus Marmor. Außer der alten Burg, die von oben über die Stadt wacht und die wir natürlich auch erklimmen.

Im nahegelegenen Dorf Terrugum wird übernachtet. Neben der obligatorischen Stierkampfarena stellt die Gemeinde kostenfreie Stellplätze zur Verfügung. Auch wenn der Ort keine Attraktionen zu bieten hat, sind die Häuser blauweiß in den Alentejo-Farben gestrichen und die Straßennamen auf den Aljezur-Kacheln vermerkt, ganz im Sinne der Tradition. Den weiten Blick in die Gegend gibts ebenso gratis wie die verschwenderisch blühenden Oleanderbüsche.

Wir kommen ins Grenzgebiet zu Spanien und in die alte Festungsstadt Elvas. Dieses Gebiet war zwischen den iberischen Nachbarn einst hart umkämpft. Wuchtige Wälle schützten Elvas. Heute sind die Spanier aber herzlich willkommen. Von weitem schon sieht man den 8 Kilometer langen und 31 Meter hohen Aquädukt, aus dem 16/17 Jahrhundert. Im Jahre 2012 wurden die Burg und die Befestigungsanlage, übrigens die größte in Europa, als Weltkulturerbe von der UNESCO klassifiziert. Eine grandiose Stadt.

In Campo Major wollen wir uns beim größten Kaffeeproduzenten Portugals die letzten Tipps abholen, wie man den perfekten Kaffee macht. Leider waren andere Seminarteilnehmer schneller als wir. Die Picknicktische waren alle frei, aber für Bigfoot gab es keine Stehmöglichkeit mehr auf dem übervollen Parkplatz der weitläufigen Firma.

Kulturhistorisch fit, weinselig und überwältigt von den vielen Marmorbrocken auf der Strecke, erholen wir uns in dem kleinen aber liebevoll hergerichteten Dorf Arronches. Hier soll ein neuer Stellplatz am Fluss errichtet worden sein. Wir finden ihn aber nicht! Eine Baustelle mitten im Dorf irritiert unser Navi. Mein Fahrer fährt mehrfach um den Block, wir sehen den idyllischen Platz unten am Fluss liegen, aber wie dorthin kommen. Die Dorfbewohner haben unser Suchen mitbekommen. Eine Frau winkt uns ihr zu folgen. Sie steigt in ihr Auto und fährt voraus. Was ist das schön, von freundlichen Menschen in der Fremde geholfen zu bekommen. Wir erleben hier noch so einiges. Das erzähle ich aber im nächsten Teil meiner Trilogie aus dem Alentejo! ;-))

2 Kommentare bei „„Primavera“ en España 2022; Portugal: Alentejo, Teil 2“

  1. Vielen Dank für den tollen Bericht. Den Pool hätte ich bei den Temperaturen auch genossen. Schöne Gegend und es scheint nicht überlaufen zu sein. Das spanische Roaming-Kontingent hätte ich in Deutschland auch gerne für den Preis! Gute Reise noch, freue mich auf den nächsten Reisebericht. LG
    Ralf

    1. Freut mich dass er Dir gefällt! Schönen Sonntag und bis bald Renate

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