Die Kleinstadt Arronches im Osten Portugals, hat mithilfe der EU an ihrem Fluss „Ribera de Arronches“ einen schönen kleinen Stellplatz geschaffen. 5 Wohnmobile finden dort Platz. Gleichzeitig verläuft am Ufer entlang ein aufwendig gestalteter Wanderweg, ebenfalls mit EU-Mitteln gebaut. Auf unseren Reisen sehen wir oft in der Natur oder in Ortschaften Projekte, die mit europäischen Finanzmitteln geschaffen wurden. Uns soll’s recht sein, in der Regel haben wir etwas davon. So wie hier, jetzt am Fluss sitzend, in Arronches. Aber irgendwann, wenn ich mal viel Zeit habe, werde ich mich für die Vergabekriterien der EU Mittel für die Regional- u. Infrastrukturprojekte interessieren.
Im hinteren Teil der Flussauen haben Leute aus dem Dorf ihre Nutzgärten. Ein älterer Mann, der seinen Garten hinter unserem Womo wässert, kommt vorbei und erzählt uns in allen Sprachen der Welt, was er da gerade tut, fragt woher wir kommen und erklärt wo wir denn essen gehen sollten in ihrem schönen Ort. Die erwähnten Lokale finden wir beim Rundgang durch das Städtchen. Die angebotenen Essenszeiten passen aber nicht mit unseren Essgewohnheiten überein. Wie in den südlichen Ländern üblich, gibt es eine Mittagszeit, eine lange Siesta-Schließung, und ab 20.00 Uhr kann man zum Abendessen kommen. Wir aber frühstücken spät und essen früh zu Abend, sitzen danach gerne gemütlich beim Wein und schauen auf den Fluss oder in die Natur. Das konnte ich dem netten alten Herrn mit meinem geringen portugiesischen Sprachkenntnissen aber nicht plausibel machen. ;-)) Wir kaufen stattdessen in dem gut bestückten heimischen Supermarkt ein und fühlen uns wohl am Flussufer in Arronches. Auf der einen Seite des Ufers bimmeln die Glocken der Schafherde, die sich am saftigen Gras gütlich tut; auf der anderen Seite ertönen die Kirchenglocken und die heimeligen Gassen laden zum Flanieren ein.
Wir machen uns nun weiter in den Norden auf und schauen uns unterwegs „Portugals Historische Dörfer“ an. Es gibt insgesamt 12 offizielle „Aldeias Históricas“. Das Netzwerk entstand, um den mittelalterlichen Kern besonders abgelegener Orte zu erhalten, die vom Verfall bedroht waren und historisch wertvoll sind. Die Auswahlkritierien hier sind bekannt: Vor allem die Anzahl der überlieferten Traditionen und der geschichtlich bedeutenden Baudenkmäler stehen im Vordergrund. Dazu kommt die kulturelle Vielfalt. Im Rahmen eines europäischen Förderprogramms, wurden die Dörfer restauriert und dem Tourismus zugänglich gemacht. Jedes einzelne hat seinen Charme und lohnt einen Besuch. Diese einführenden Worte auf den einschlägigen Seiten im Internet können wir nur bestätigen obwohl wir nicht alle besucht haben! Infos: (www.aldeiashistoricasdeportugal.com). Es macht enorm Spaß in den Dörfern herumzulaufen und sich die Vergangenheit vorzustellen. Ich mache für uns vorher Notizen, was in dem jeweiligen Ort wichtig und sehenswert ist. Denn wir haben gelernt: Man sieht nur was man weiß!
Bevor es aber in diese besonderen Dörfer geht, warten noch eine schöner anderer Orte auf unseren Besuch. Über die Kreisstadt Portalegre kommen wir nach Marvāo. Bigfoot schraubt sich immer weiter den Berg auf 880 m hinauf, bis wir unterhalb der Burgmauer auf dem ziemlich schrägen offiziellen Wohnmobilstellplatz ankommen. Eine Aussicht zum Niederknien! Aber erstmal müssen irdische Dinge geregelt werden. Das Wohnmobil irgendwie so hinstellen, dass wir auch darin schlafen können. Es erfordert handwerkliches Geschick. Mit Steinen und Keilen bringt mein Fahrer alles in die Waage und genießt nun auch die wunderbare weite Aussicht.
Wie ein großes Vogelnest breitet sich eins der schönsten Dörfer Portugals auf einem Berg inmitten der Serra de São de Mamede aus, ein mittelalterliches Kleinod, umgeben von Burgmauern und einem restaurierten Zentrum mit romantischen Gassen und blumengeschmückten Häusern. Wir lassen uns Zeit für eine „Zeitreise“ durch die Geschichte des Ortes. Abends sind die Gebäude fulminant beleuchtet. Es hat sich unbedingt gelohnt auf dem buckeligen Stellplatz zu bleiben um auch die Abendstimmung zu genießen.
Am Nordhang der Serra de São de Mamede liegt die burggekrönte Kleinstadt Castelo de Vide. Mit ihren verwinkelten kopfsteingepflasterten Gassen und steilen Treppen hat sie viel mittelalterliches Ambiente bewahrt. Ungewöhnlich sind die gotischen Eingänge einiger einfacher Wohnhäuser. Das urigste Stadtviertel ist die Judiaria mit eng aneinandergebauten Häusern und verwinkelten Gassen. Damit die Juden hier wohnen bleiben konnten, wurden sie gezwungen zum christlichen Glauben überzutreten. Auch hier kann man stundenlang durch die Straßen und über Plätze laufen, große Brunnen bewundern, Burg und Festungsanlage besteigen über den großen Marktplatz an der Kathedrale schlendern. Für mich die schönste Stadt im Norden Portugals. Sie bietet alles, von alt bis neu mit einem unglaublichen Charme! Parken kann man gut unterhalb der Stadtmauer. Die App Park4night kennt sich aus. ;-))
Wir übernachten ganz alleine auf dem Gemeindestellplatz von Fratel, neben dem öffentlichen Schwimmbad. Wie schon öfter wundern wir uns, dass das Gelände verschlossen ist, aber alles für die Badegäste hergerichtet ist. Der Gärtner grüßt uns freundlich durch die Gitterstäbe. Wir dürfen nicht rein. Es ist noch keine Saison und das bei tollen 25 Grad! Am nächsten Morgen kommt Besuch vorbei. Ein alter Schäfer mit seinen Schafen und Ziegen. Er winkt uns freundlich zu, während die Tiere und Bigfoot sich beschnuppern. Herrlich! Hier endet auch die Region Alentejo. Es beginnt die Provinz Centro mit dem schönen Sternengebirge „Serra da Estrela“.
Auf dem weiteren Weg nehmen wir die Nebenstrecke um auch noch einen landschaftlichen Höhepunkt zu genießen. Die Portos de Rodão, wo der Rio Tejo durch ein natürliches Felsentor mit 170 m hohen Steilwänden fließt.
Und schon geht es wieder kulturhistorisch weiter, im nahegelegenen Castelo Branco.Hier steht auf eine Zettel, dass wir unbedingt in den Barockgarten gehen müssen. Er ist einer der größten Barockparks im Land. Hier zieren die Statuen aller portugiesische Könige die Königstreppe des „Jardim do Paço Episcopal“. witzig ist dabei, dass die drei spanischen Könige der 60-jährigen Fremdherrschaft nur halb so groß dargestellt sind und im Vergleich zu ihren Vorgängern und Nachfolgern aussehen wie Zwerge! ein Schelm, der Böses dabei denkt. ;-)) Schön Springbrunnen und weitere Statuen zieren das 5000 Quadratmeter große Parkgelände. Wir können direkt am Straßenrand parken. Es beginnt leicht zu regnen, die Stadt selber, die in der Übersetzung „Weiße Burg“ bedeutet, erkunden wir ein anderes Mal.
Wir fahren weiter in den Tag hinein. Auf kleinen Nebenstraßen gehts jetzt in die schon erwähnten Historischen Dörfer. Ein Programm der EU (hört, hört ) stellte sie unter Denkmalschutz und schützt sie so vor Verfall, Abwanderung und Überalterung. Heute leben die Einwohner der Dörfer vom Tourismus. Das von der Zeit vergessene Dörfchen Idanha-A-Velha wurde im 1 Jhd. vor Christus von den Römern gegründet. Es gibt hier 14 denkmalgeschützte Attraktionen, allen voran ist das imposante römische Stadttor zu nennen. Der mittelalterliche Schandpfahl in der Dorfmitte hat es mir besonders angetan. Das Wetter ist schlecht an dem Tag, das Minidorf wirkt schon sehr heruntergekommen, den Störchen auf den Dächern gefällt’s aber hier.
Für uns geht es jetzt nach Monsanto. Von weitem ist nur ein schroffer Bergkamm zu erkennen. Ein Straße windet sich hinauf auf 758 Meter. Wir fahren nicht ganz hinauf, sondern wollen Bigfoot auf dem großen Stellplatz unterhalb im Dorf Relva parken. Als wir ankommen, ist der große Parkplatz voll mit PKWs. Wir sehen uns schon wegfahren, da kommt ein alter Mann auf uns zu und zeigt uns wo wir parken können. Vor seinem Haus ganz eng an der Hauswand. Er passt auf, erklärt er uns, später wären die Autos weg. Wir sollen hoch ins Steindorf gehen. Gesagt, getan! Die Sonne lässt sich jetzt auch blicken, wir keuchen den steilen Weg hoch ins frühe Mittelalter.
Hier rauf hätten wir tatsächlich nicht fahren können, alles eng und verwinkelt. zum allem Überfluss findet eine Hochzeit in der einen Kirche und in der anderen eine Beerdigung statt. Die engen Gassen sind verstopft mit Fahrzeugen. Aber der Ort ist schlichtweg einzigartig. Die Straße windet sich hinauf zu kleinen Häusern, die an wuchtige Felsbrocken angebaut sind. Weite Rundblicke eröffnen sich von der Templerburg aus dem 12 Jh. Wir wandern durch die schmalen Gassen hoch zum Castelo und staunen am jeder Ecke über Höhlen und Felsgrotten, riesige Monolithsteine und die kilometerweite Aussicht ins Tal. „Hoffentlich kommt jetzt nicht gerade einer dieser riesigen schwarzen Brocken ins Rutschen“, denke ich ein wenig bang. Dieter gehen ähnliche Gedanken durch den Kopf.
Vor wenigen Jahren war der Ortskern noch fest ausgestorben. Viele junge Menschen zogen weg und die Gebäude drohten zu zerfallen. Im Rahmen eines regionalen Förderprogramms, das sich vor allem an Existenzgründer richtete, sind neue Cafés und Läden entstanden. Monsanto ist heute das wohl bekannteste und meistbesuchte der Historischen Dörfer. Auch wir sind total begeistert. Also Ihr Lieben, nix wie hin.
Als wir im letzten Sonnenlicht nach unten ins Dorf Relva zurückkommen, ist der große Parklatz total leer. Wir parken unser Wohnmobil nach „Anweisung“ der Dorfältesten, die Dieter auch helfen auf die Keile zu fahren. Die Männer sitzen den ganzen Tag auf der Steinmauer und haben alles im Blick. Wir bekommen große Zitronen geschenkt und lassen den aufregenden Tag in der Dorfkneipe Revue passieren. Die Menschen hier sind super nett. Und immer wieder schleichen neugierige Dorfbewohner um Bigfoot herum. Nachts träume ich von dicken Steinen, die auf mich fallen.
Was soll denn jetzt noch kommen bitte schön, sagen wir auf der Strecke zum nächsten Ziel. Sollen wir den Rest auslassen, der noch auf dem Zettel steht? Neeeiiiin sind wir übereinstimmend der Meinung! Aber eine Pause von alten Steinen brauchen wir! Die Temperaturen klettern, wir brauchen ein schattiges Plätzchen. Mein Fahrer und sein App finden was passendes. Die Pfingsttage verbringen wir irgendwo im Nirgendwo in dem kleinen Ort Benquerença. Hier stellt die Gemeinde in einer Grünanlage außerhalb des Dorfes am kleinen Fluss Stellplätze und Picknickplätze zur Verfügung. Wunderbar! Mit dem Motorroller erkunden wir die Gegend. Es gibt den Barragem do Meimao in acht Kilometer Entfernung. In der Hitze tut Abkühlung gut.
Gut erholt gehts weiter auf der Route der Historischen Dörfer. Wir fahren mal wieder auf kleinen Straßen in die Serra da Malcato, frühstücken am nächsten Stausee, dem Barragem do Sabugal! Für eine Stadtbesichtigung ist es zu heiß. Wir wollen wieder hoch in die Berge.
Dafür müssen wir durch ein altes Dorf. Und dann passiert es wieder. Die Dorfstraßen sind eng und zugeparkt. wir sollen links abbiegen, da steht ein rostiger kleiner LKW und die Frau von gegenüber hängt gerade die Wäsche raus. Als sie die Höhe von Bigfoot sieht, zieht sie die Leine mit dem langen Unterhosen wieder ein. Ein komisches Bild, man könnte lachen, wenns nicht so eng wäre! ;-(( Vor lauter Aufregung ist kein Foto entstanden. Die Dorfbewohner nehmen’s gelassen, helfen und winken uns durch. Wir kommen gut da wieder raus und sind bald darauf in Sortelha auf ca. 800 m Höhe.
Wer durch die Porta da Villa in den mittelalterlichen Kern von Sortelha eintritt, fühlt sich in einen Historienfilm versetzt. Wenn man die Augen schließt, kann man auch hier die Pferdehufe der aus der Burg reitenden Ritter hören. Einen Gänsehaut jagt die nächste. Ich bin heute hier die Burgherrin und herrsche über das Dorf. ;-)) Außerhalb der Porta Falsa kann man das von der Natur geformte Wahrzeichen von Sortelha sehen, ein riesiger Granitbrocken, den die Einheimischen Cabeça da Velha „Kopf der Alten“ nennen.
Das alte Dorf Belmonte und auch die höchste Stadt Portugals Guarda, die wir eigentlich als Übernachtungsplatz ausgeguckt hatten, lassen wir dieses Mal aus. Kein Schatten auf dem großen Stellplatz in Guarda. Stattdessen übernachten wir in dem pittoresken Örtchen Lajeosado Mondego. Gute Entscheidung. Die Gemeinde hat einen kleinen Stellplatz neu gestaltet und zwar unten am Fluss. Der wird gestaut und dient der Dorfjugend als Schwimmbad. Eine echt gute Idee. Das abendliche Glockenspiel aus der alten Dorfkirche erinnert uns an Sao Bras de Alportel.
Unser Frühstück nehmen wir in dem nächsten Historischen Dorf Trancoso auf deren großen Parkplatz vor der Stadtmauer ein. Anschließend laufen wir durch den Ort. Wieder ganz anders schön ist es hier. Die imposante >Puerto del Rei< ist der Haupteingang in die alte Stadt.
Wir haben immer noch nicht genug und fahren auch noch nach Marialva. Der alte Ortskern liegt versteckt hoch oben auf dem Berg. Bigfoot bleibt unten im neuen Dorf zurück, hätte aber durchaus mit hoch gekonnt, wie wir mal wieder feststellen, als wir oben ankommen. Weit über der malarischen Landschaft thronen die Überreste der Burg von Marialva und vermitteln ein Bild der einstigen Bedeutung des Ortes.
Aufgrund seiner herrlichen Lage auf einem schwer zugänglichen Felshügel am linken Ufer des Flusses Alva war das kleine Dorf im Mittelalter ein wichtiger militärischer Außenposten. Heute liegt Alt und Neu ganz nahe beieinander. Es gibt ein modernes Hotel mit großem Swimmingpool, sehr gekonnt in die Landschaft integriert. Und in der Nähe der alten Kirche, wo früher die Esel und Pferde angebunden waren, gibt es jetzt moderne Tesla-Ladestation für Elektroautos. Das war das Letzte was wir hier erwartet hätten.
Und nun hat uns auch die Neuzeit wieder. Historische Dörfer ade! Und bald verlassen wir auch Portugal. Wir folgen den Rio Douro nach Spanien, der Fluss heißt dort Rio Duero! Wir haben noch schöne Ziele vor uns. Dazu mehr im nächsten Bericht.
Übrigens: diesen Bericht schreibe ich gerade auf dem Gipfel des Col du Portulet, den wir aus Reportagen der Tour de France kennen. In 1800 m Höhe ist der Internet-Empfang super. Noch sind auf der spanischen Seite der Pyrenäen. Eine traumhafte Landschaft. Auch dazu mehr im nächsten Reisebericht.
Und am Schluss nochmals der Tipp an die eMail Empfänger unserer Reiseberichte: Bitte tippt auf die nunmehr schwarze Überschrift . Dann gelangt ihr in die lesefreundliche Fassung auf der Webseite.
Hallo Renate, hallo Dieter, wieder mal ein klasse Reisebericht, wir sind immer wieder begeistert mit wieviel Aufwand Ihr alles beschreibt. Sehr schön, wir sind dankbar dafür, weil wir wohl nicht dort hinkommen.
Liebe Grüße
Bärbel und Bernd
Danke ihr Beiden, wenn es Euch gefällt, freue ich mich und dann lohnt sich all die Mühe! :-)) Lasst es Euch gut gehen! Schönes Wochenende