Die Zeit vergeht, es ist Mitte August als wir im Westen an der türkischen Ägäis ankommen. Uff, wir brauchen jetzt ne Pause vom „alte Steine gucken“. Das Meer schimmert tiefblau, die zerklüftete Küste mit ihren vielen kleinen Buchten bietet ein idyllisches Bild. Es ist Wochenende. Auf der kurvenreichen Küstenstraße hoch über dem Meer ist viel los. Irgendwie wollen Alle ans Meer. Wir erreichen einen langen Sandstrand, starker Wind kommt auf. Von dem Strand sieht man allerdings nicht viel. Wie Perlen an der Schnur, stehen sie da aufgereiht, die türkischen Familien mit teils abenteuerlichen Fahrzeugen. Planen zwischen Autos gespannt, die wegzufliegen drohen. Stimmengewirr, ein Tohowabou aus Grills, Kühlboxen, Tischen, Stühlen, Menschen, Zelten, kleinen Kastenwägen und altersschwachen Wohnmobilen breitet sich vor unserem Auge am Strand aus. Wir stehen in der zweiten Reihe, schauen uns an, wenig Platz, zu windig, zu viel los, sagen wir gerade als man auf uns aufmerksam wird. Sie winken, wir sollen kommen, sie wollen zusammenrücken. Ich bekomme vor lauter Wind kaum die Tür auf um uns zu bedanken. Wir wollen irgendwie alleine sein in einer einsamen Bucht, die Füße hochlegen, schwimmen und die weitere Tour planen. Das können wir uns hier am Strand nicht wirklich vorstellen. Schweren Herzens fahren wir wieder zurück auf die Küstenstraße. Ich halte Ausschau nach der einen Bucht, nur für uns! Ach wäre das schön. Und tatsächlich finden wir sie, eine idyllische Bucht mit einer sehr abenteuerlichen Abfahrt. Bigfoot und sein Fahrer geben wieder alles. Wir sind das einzige Wohnmobil.
Allerdings nicht die einzigen Besucher. Es ist ja Wochenende. Es wird auch hier turbulent, an Schlaf ist in dieser Nacht nicht zu denken. Egal, wir gewöhnen uns dran. Am Sonntag kehrt Ruhe ein in der wildromantischen Bucht. Sie liegt neben einer kleiner sehr gepflegten Feriensiedlung mit eigenem Strand. Hier wohnt Yildiz, was auf deutsch übersetzt „Sternchen“ heißt wie sie uns später erzählt. Sie ist Türkin und lebt mit ihrem Mann und ihren 4 Kindern in Düsseldorf! Seit 30 Jahren haben sie in dieser Feriensiedlung vor Özdere ein schönes Haus. Sie führt ihren kleinen Hund am Strand entlang Gassi, hört uns deutsch sprechen und ist total begeistert. Sie kommt mehrfach am Tag vorbei, bringt uns Essen und Trinken und sagt will sollen doch länger bleiben. Sie erzählt aus ihrem bewegten Leben, lädt uns an „ihren“ Strand mit Sonnenschirmen und Liegestühlen ein. Wir können es ihr nicht abschlagen und bleiben 10 Tage in dieser Bucht.
Überhaupt sprechen uns viele Menschen an, bringen uns auch Melonen und Essen. Irgendwie sind wir wieder mal die einzigen „Ausländer“ hier in diesem Mikrokosmos Ägäisbucht. Da Bigfoot von oben nicht zu übersehen ist, trauen sich im Laufe der Tage doch einige Wohnmobile den steilen Schotterweg runter. Zum guten Schluss hat morgens zwei Mal die Erde gebebt! Da sitzt du nichtsahnend auf deinem Campingstuhl, freust dich auf dein Frühstück und dann wackelt auf einmal alles. Von unten dringt es über die Stuhlbeine in dich hinein, direkt ins Herz. Da hast du keinen Hunger mehr. An dem Tag waren wir ziemlich still.
Wir fahren weiter in die sympathische Stadt Bergamo. Sie kommt ganz ohne Touriläden aus. Hoch oben über ihr thronen die Ruinen des alten Pergamon.
Wir lassen uns mit dem Taxi in kurvenreicher Fahrt zur Ausgrabungsstätte fahren. Ein unbeschreiblicher Eindruck durch diese noch gut erhaltenen Ruinen zu laufen. Das Amphitheater ist eines der steilsten der Welt. Die Ausblicke in die Landschaft sind grandios. Wir wären gerne länger in Bergamo geblieben, der Stellplatz war leider unterirdisch staubig.
So cruisen wir ans Meer zurück. Nach 70 Kilometern landen wir im Fischereihafen von Gömec. Sehr schön, eine laue Brise vom Meer, ein idyllisch gelegenes Lokal (Restaurant Damla) direkt am Wasser lädt zum Verweilen ein. Der Sonnenuntergang wieder magisch über dem Golf von Edremit. https://park4night.com/lieu/125181/
Weiter gehts entlang des Golf von Edremit an den Strand von Güre. Hier stehen wir auf einem einfachen Stellplatz auf einer Wiese, dieses Mal mit netten türkischen Campern und den Kühen aus der Nachbarschaft. Vor uns die Ägäis nur getrennt durch eine Fussgängerpromenade. Zum Anfassen nahe die griechischen Insel Lesbos. Auch wir laufen kilometerweit über die Strandpromenade gehen wunderbar frühstücken, kaufen ein beim türkischen Metzger und lassen es uns gut gehen. Jeden Morgen zum Wachwerden ins Meer laufen, das hat was. :-))
Wir lernen Ilyas und Kathrya kennen. Sie sind Türken, leben aber schon Jahrzehnte mit ihrer Familie in der Nähe von Kaiserslautern. Sie haben sich in Güre ein Ferienhaus gekauft und verbringen viel Zeit jetzt in ihrer Heimat. Wir sind oft bei ihnen zu Gast, haben auch heute noch Kontakt. https://park4night.com/lieu/310558/
Es geht langsam auf Ende August zu, wir wollen weiter, haben noch viele Ziele auch außerhalb der Türkei auf dem Zettel. Unser nächster Halt ist in Assos. Hier wollte Dieter mit seinem Freund Michael vor 30 Jahren einen „Altersruhesitz“ bauen. Sie sind jahrelang bei ihren Reisen durch die Türkei immer wieder hierher gekommen. Ein Grundstück hatten sie schon erworben und träumten von dem schönen Leben in der Türkei nach dem Arbeitsleben. Dieter hat mir so oft von ihrem „Raki-Platz“, von wo aus man den besten Sonnenuntergangsblick hat, vorgeschwärmt. Die Pläne haben sich leider, oder vielleicht auch Gott sei Dank, zerschlagen. Die Korruption in der Türkei hatte ganze Arbeit geleistet.
Dennoch wollten wir mal schauen wie sich Assos im Laufe der Jahre entwickelt hat. Dieter hat das kleine Örtchen am Strand kaum wiedererkannt. Die kleine Idylle wurde gnadenlos dem Tourismus geopfert. Die Nähe zu Istanbul lässt die reichen Türken mit ihren dicken Schlitten minütlich die schmale Küstenstraße runterdonnern. Um dem Ansturm gerecht zu werden, haben sie künstliche Stranderweiterungen gebaut. Das heißt, du gehst aus dem Hotel über Stege auf Holzbohlenterassen und liegst dort eng an eng auf deinem Liegestuhl. Wer’s mag! Es war alles voll belegt.
Wir hatten das Wohnmobil oben im Ort stehen lassen und laufen jetzt über die Ruinen von Assos den Berg wieder hinauf. Das alte, antike Assos ist anschaulich, der Tempel der Athene weithin sichtbar. Von hier oben hat man einen schönen Blick hinüber auf weitere griechische Inseln. Wir übernachten im Aristo-Kamp (Dieter hatte vorher mit dem Chef den Preis ausgehandelt) und essen lecker im angrenzenden Lokal. https://park4night.com/lieu/467762/
An den Dardanellen entlang geht es nach Troja. Das legendäre Troja! Was würde Heinrich Schliemann jetzt denken, wenn er die alten Steine sieht. Es ist nicht mehr viel übrig. Man braucht ganz viel Phantasie und Spaß an den alten Mythen, um nicht zu sehr enttäuscht zu sein von der antiken Stätte. Leider war auch das riesige hölzerne trojanische Pferd nicht vor Ort, es wird renoviert.
An der Küste wollen wir in Güzelyali direkt am Wasser mit Blick schon fast nach Europa übernachten, werden aber hier von der Polizei weg geschickt, mit der Begründung, es könnten auch hier Waldbrände ausbrechen. Nach monatelanger super Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft jetzt von der Polizei genötigt zu werden auf den Campingplatz zu fahren, der übrigens mitten im Wald liegt, war schon sehr merkwürdig. Auch die anwesenden Türken, die dort mit ihrem PKW Pause machen, sind empört über diese Vorgehensweise. Sie versuchen sogar die Polizisten vehement zu überreden, uns dort stehen zu lassen. Keine Chance. Wir verlassen den tollen Platz und fahren 11 Kilometer weiter auf den CP Güzelyah Kampi.
Von Çanakkale aus nehmen wir die Fähre nach Eceabat. Es war eine tolle Fahrt über die Dardanellen auf der wichtigen Wasserstraße, die gleichgesetzt wird mit dem Suez-und Panamakanal. Sie verbindet das Schwarze Meer mit mit dem Mittelmeer und Atlantik. Sozusagen fahren wir von Asien wieder nach Europa.
In der Picknickarea von Geliboulu verbringen wir das Wochenende. https://park4night.com/lieu/349900/
Wir und auch die anderen Camper sammeln wieder mal den Müll auf, danach kann man hier wunderbar stehen, schwimmen, faulenzen mit einem tollen Blick auf die neue Brücke, über die Dardanellen. Sie gilt als die längste Hängebrücke der Welt und erinnert uns an die „Golden Gate Bridge“ in San Francisco. Auf diese sind die Türken besonders stolz!
Im Golf von Saros an der Westseite verbringen wir an einem langen Sandstrand unsere letzte Nacht in der Türkei.
Später fahren wir in Ipsala/ Kiri über die Grenze nach Nordgriechenland! Freut Euch mit uns auf unsere Erlebnisse in einem neuen Land.