Sunshine-Tour im Winter: von Klöstern, Katalonien und anderen Köstlichkeiten; Teil III

Kennst du das Gefühl, dass man nachts wach wird vor lauter Stille? Hört sich paradox an, ist aber so. Wir übernachten zur Zeit auf Gemeindestellplätzen in kleinen katalanischen Dörfern. Da ist es nachts so ruhig, dass ich davon wach werde! Erst denke ich, ich spinne, bin ich schon so erholt, dass ich nachts durch die Stille geweckt werde. Wo soll das noch hinführen?

Da schauen wir uns die Tage ein Youtube Video von >GNS-TV< an und der Youtuber Guido Neiken beschreibt darin genau das gleiche Gefühl. Er ist zur Zeit beruflich im Osten Deutschlands in Grimma, in einer absolut ruhigen Gegend. Da bin ich ja jetzt beruhigt, dass es mir nicht alleine so geht. Übrigens Guido, die Solarplatten, die du uns im letzten Jahr noch in Deiner damaligen Werkstatt GNS-Technik in Mönchengladbach aufs Dach gebaut hast, sind super gut. Wir sind zwar im Süden unterwegs, wo angeblich immer die Sonne scheint, das stimmt aber in diesem Winter nicht wirklich! Wir stehen so gut wie nie am Strom, auch wenn wir auf offiziellen Stellplätzen sind. Und wenn demnächst noch die neue Lithium Batterie in Grimma eingebaut wird, sind wir perfekt und autark ausgestattet. Dann erlebe ich dort auch nochmal das Phänomen der lauten Stille! :-))

So und jetzt wieder zurück zur Reise.

Für uns beginnt der Endspurt der Sunshine-Tour im Winter. Schluss jetzt mit dem längeren „Abhängen“ auf Stellplätzen, teilweise wegen der aktuellen Regelungen des Gastlandes. Wir sind wieder „on Tour“ und haben uns noch einiges vorgenommen an Kultur und Natur. Auf dem Weg ins Ebro-Delta machen wir einen längeren Stopp im schönen Städtchen Vinaros, frühstücken hier und laufen auf dem Küstenwanderweg endlose Kilometer. Vorher haben wir auf dem Hausberg von Vinaro, unter alten Olivenbäumen, neben dem Heiligtum >Ermitage de Vinaro< übernachtet. Von hier oben hat man einen sensationellem Blick rüber zur weiten Ebene des Ebro-Deltas! Zum Frühstück fahren wir runter an die Küste!

Leider hat sich die Großwetterlage in Spanien verändert. Die Sonne ist irgendwie verschwunden, es regnet viel. Wahrscheinlich sollen wir endlich nach Hause fahren oder was will uns der Wettergott damit sagen. Wir beschließen unser Restprogramm durchzuziehen. Nach wie vor sind wir wissbegierig. Also auf nach Katalonien und ins Ebro-Delta, wo uns riesige braune Brachflächen empfangen. Die Flutung der Felder für den Reisanbau beginnt erst in einigen Tagen. Verschiedene Kanäle sind aber schon mit Ebro-Wasser gefüllt. Es kann nicht mehr lange dauern. Das Ebrodelta ist das größte Reisanbaugebiet Spaniens. Hier werden jährlich etwa 90.000 Tonnen Reis produziert. Im Sommer, vor der Reisernte, breiten sich die Stängel der Reispflanzen, wie ein grüner Rasen, über das Delta aus. Das werden wir uns auch einmal ansehen!

Der Ebro ist mit rund 1000 km der längste Fluss Spaniens. Sein Delta liegt südlich von Tarragona, ein herrliches Stück Natur und Wasserwelt, wie es an der spanischen Mittelmeerküste anderswo nicht mehr zu finden ist. Über die Jahrtausende hat der Ebro Schlamm und Sedimente ins Meer gespült und so eine platte, feuchte Ebene geschaffen, die sich ideal für den Reisanbau erwies. Im Frühjahr werden die Felder überschwemmt, im Sommer sind sie grün, und im Herbst wird abgeerntet. Hauptort der verstreut im Delta liegenden Dörfer ist Deltebre.

Hier übernachten wir, nachdem wir uns das Delta aus dem Womo heraus angesehen haben, (25 km bis zur Mündung) auf einem großen Parkplatz, auf dem ausgewiesenen Terrain für Wohnmobile direkt am Ebro. (GPS: N40°42’52“; E0°42’56“) Super! Am Fluss stehen ist für mich immer etwas besonderes. Am nächsten Morgen laufen wir eine Runde bei einer steifen Brise, wie die Norddeutschen sagen würden. Es ist schon ziemlich ungemütlich und kühl geworden, ich muss doch tatsächlich meine langen Hosen aus dem Schrank kramen.

Mittags essen wir in der Nähe von Amposta im Lokal >Casa de Fusta< ein mehrgängiges Menü. Der Hauptgang war eine phantastische Paella, natürlich mit dem typischen Ebro-Reis. Wir hatten vorher reserviert und trotz des Wetters draußen gegessen. Der Aerosole wegen! Wegen der Pandemie schließen die Lokale in der Gegend um 17.00 Uhr.

Den Kopf voller neuer Eindrücke und den Magen voll mit einem köstlichen Menü fahren wir 18 km weiter am Ebro entlang in die alte Stadt Tortosa. Hier stehen wir auf dem kostenlosen städtischen Wohnmobilstellplatz mit Ver-und Entsorgung am Ebro. (Area de Municipal de Tortosa; GPS: N40°48’11“, E 0°30’52“) Es regnet und wir verschieben unseren Stadtbesuch auf den nächsten Tag. Mit uns stehen einige Spanier hier auf dem Stellplatz. Die Sonne fehlt und so laufen gegen Abend die Generatoren in den Womos um die Wette. Von der nahegelegenen Brücke hört man hin und wieder den dumpfen Schlag, wenn die Fahrzeuge über die Brückenanschlussstücke fahren. Dedum, Dedum, Dedum. Nachts ist alles ruhig. Es herrscht Ausgangssperre bis 06.00 Uhr morgens.

Am nächsten Vormittag ist der Wettergott gnädig. Wir haben die Schirme zwar dabei, als wir das kurze Stück in die Stadt laufen, brauchen sie aber nicht. Mehr als 2000 Jahre bekannte Geschichte hat die Stadt Tortosa auf dem Buckel. Das sieht man sofort. Um die alte Kathedrale herum, die direkt am Fluss liegt wird alles saniert. Sie ist die zentrale Sehenswürdigkeit der Altstadt. Auch in den umliegenden Altstadtgassen wird gewerkelt was das Zeug hält.

Wir steigen hoch zur alten Burg, Castell de la Suda. Von dort haben wir eine gute Aussicht. Die mächtige Befestigungsanlage wurde von den Mauren angelegt, welche zwischen den Jahren 714 und 1148 hier das Sagen hatten. Wir staunen über die Weitläufigkeit der Anlage, die heute ein Hotel beherberbergt. Wahrscheinlich hat sie viele Angriffe wehrhaft überstanden und den Süden Kataloniens gegen Feinde der Unabhängigkeit beschützt. Im weiteren Umkreis sehen wir mehrere Burgruinen aus dem Grün der Bäume herausragen.

Auf dem Rückweg stärken wir uns in der großen Markthalle, die zu unserer großen Freude auf dem halben Weg auch direkt am Ebro liegt, und die viele Köstlichkeiten in ihrem modernen Inneren bereithält! Wir lassen uns unter anderem außergewöhnliche Tapas mit Wachteleiern und Artischocken schmecken! :-)) Und ich kann nicht an den köstlichen Erdbeeren vorbeigehen, die ein Obststand so dekorativ aufgebaut hat. Sie kommen aus den Gewächshäusern der Costa de la Luz. Wer sich erinnert: Am Neujahrsmorgen sind wir dort spazieren gegangen und ich hatte schnell eine Erdbeere genascht, bevor der Bauer kam. Mein Lieblingsmensch verdreht die Augen, bezahlt aber bereitwillig meine Holzkiste mit 2 Kilo Erdbeeren drin. Zuhause würde ich noch kein Pfund Erdbeeren für den Preis bekommen! Sooo schön kann ein einfacher Markthallenbesuch sein ;-)).

Weiter geht es nun im Regen durch alte katalanische Dörfer immer am Fluss Ebro entlang. Die Strecke ist kurvenreich und geht bergauf und bergab. Wir durchfahren ländliche Gegenden, alles grau in grau. Das Wetter tut sein Übriges. Nichts bewegt sich, nur mein Fuß wippt mit im Takt zu den Welthits einer meiner Lieblingsbands „Simply Red“. Na, ja ich will ja nicht übers Wetter schimpfen, aber der Regen könnte ja auch mal wieder aufhören! Nebelschwaden überziehen das Land. Ich komme mir vor wie in den Highlands in Schottland. Ein kleiner unwohliger Schauer überkommt mich. Wo wir wohl landen werden am Ende des Tages mitten im rebellischen Katalonien?!

Tja, das erzählt dann die neue Folge unserer spannenden Tour durch die östlichste Provinz Spaniens.

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