Wir sind in einem faszinierenden Land voller Gegensätze unterwegs. Jeder Tag ist anders, so wie die Landschaften und die Städte durch die wir fahren. Arm und Reich liegen nahe beieinander, soziale Brennpunkte sind erkennbar. Deshalb sind viele sehr kreativ, wenn es darum geht, an das Geld der vermeintlich reichen Touristen zu kommen. Es gibt natürlich sonst kaum Einnahmequellen. Die Menschen bieten überall ihre Dienste an. Manchmal wird das lästig, aber wir machen deutlich was wir wollen und was nicht. Interessant sind auch die Stell-oder Campingplätze, die wir anfahren. Wir stehen in Taroundannt auf einem relativ neuen Stellplatz direkt an der Stadtmauer. Nach der Begrüßung durch den freundlichen Stellplatzbetreiber, gehen wir durch das nahegelegene Stadttor noch eine Runde in die Stadt.
Sofort empfängt uns der marokkanische „Karabalik“. Mopeds sausen um dich rum, Leute palavern auf der Straße, Autos quetschen sich zwischen den Fußgängern hindurch. Die Luft ist erfüllt von Abgasen, Staub,Tierausdünstungen und Rauch vereinzelter Schornsteine.. Herrlich, das passt hierher. In dem Teil der Stadt sind so gut wie keine Touristen unterwegs, wir fallen natürlich sofort auf mit unserer europäischen Kleidung. Insbesondere die Frauen schauen mich von oben bis unten an. Ich glaube, ich werde mir doch das ein oder andere marokkanische Kleidungsstück zulegen. Nach dem wunderbaren Tag in der Natur, ist der Lärmpegel nicht lange zu ertragen. So bleiben wir nur kurz in der Stadt, die uns auch nicht wirklich sehenswert erscheint. Wir kaufen an den Markständen noch Obst, Eier und Brot. Die Preise sind hier echt niedrig. Trotz einem gewissen Touristenzuschlags den der eine oder andere sich nimmt, kostet z.B. 1 Ei 8 EuroCent und man kann den Hühnern noch beim Eierlegen zusehen. Die sind nämlich praktischerweise mit im Laden untergebracht. Ein Fladenbrot oder Baguette kostet 10 Cent. Dementsprechend günstig ist auch unser Stellplatz. Er kostet 50 Dirham, das sind umgerechnet ca. 4,50 Euro. Abends lese ich noch in unseren Reiseführern über die Stadt. Dort steht, Taroundannt sei eine der schönsten Städte Süd-Marokkos, da sollte man unbedingt gewesen sein. Unser Eindruck war ein anderer, auf die Stadt müssen wir einen zweiten Blick werfen.
Am nächsten Morgen können wir nicht vom Platz wegfahren ohne einen kleinen Plausch mit unserem überaus freundlichen Betreiberehepaar zu führen. Mein Französisch ist eingerostet, aber wir verstehen uns irgendwie. Die Frau weist ihren Mann an mir Mandarinen und Apfelsinen von den auf dem Stellplatz befindlichen Bäumen zu pflücken, was er auch brav tut. Ich freue mich total darüber. Wir versprechen, sie wieder zu besuchen. Sie winken uns nach bis wir um die Ecke verschwunden sind.
Wir wollen nochmal einen ausgeschlafenen Blick auf die Stadt werfen und staunen zunächst über die riesige, fast vollständig erhaltenen Stadtmauer. Sie besteht aus Lehm und ist 8 m hoch. Türme und Stadttore ergänzen das mächtige Gesamtbild. Lange Palmenreihen davor lassen einen an die Märchen aus 1001 Nacht denken. Wir beschließen auf einer späteren Reise wieder zu kommen und fahren auf der R 109 unserem nächsten Ziel im Süden, der Stadt Tata entgegen.
Unterwegs machen wir noch einen Abstecher in die Oase Tiout. Wir wollen hier zu der Arganienöl-Kooperative Taitmatine. Sie liegt gleich am Ortseingang. Hier kann man auch den Frauen beim Klopfen der Arganienkerne, beim Rösten der Samenkerne und Extrahieren des Arganienöls zusehen. Die Früchte des Arganbaums, die wie Oliven aussehen, ergeben ein hochwertiges Speiseöl. Die aufwendige Gewinnung dieses Öls hat einen entsprechenden Preis. Mancherorts wird der Handel mit dem wertvollen Öl auf die gleiche Preisstufe gestellt wie der Verkauf eines hochwertigen schottischen Whiskeys. Arganöl ist eines der der begehrtesten und teuersten Speiseöle der Welt. Das gewußt zu haben, veranlasste uns, in dem Shop bei den netten Damen entsprechend einzukaufen.
Eine witzige Begleiterscheinung hatte unser Besuch in der Oase, man kommt vorher an den Arganbaum-Plantagen vorbei. Wir hatten vorher schon von dem Phänomen gehört, dass Ziegen auf Bäume klettern, es aber nicht wirklich geglaubt. Mit eigenen Augen standen wir fasziniert vor einer Ziegenherde, von der fast die Hälfte in diese niedrigen Bäume geklettert war. Manche sogar bis hoch in die Spitze des Baumes. Sie mögen die Früchte des Arganbaums, die wegen ihres bitteren Geschmacks für den Menschen ungenießbar sind. Wir hätten ewig dort stehen können. Der Viehhirte kam dann irgendwann in unsere Richtung und wollte Geld fürs Schauen. So sind sie die Marokkaner.
Wir fahren also weiter auf einer megaschönen Strecke durch den Antiatlas, kommen an einigen Wadis vorbei. Hier ist alles grün und die Palmen wachsen gen Himmel. Die breiten Flussbette sind ausgetrocknet, wenn die Schneeschmelze einsetzt oder es regnet, gibts wieder Wasser. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus, diese Natur überrascht uns immer wieder aufs Neue.
Weiter gehts durch eine wüstenhafte Landschaft. An manchen Stellen fühlen wir uns an die Straße zum Monument Valley in den USA erinnert. Die Berge sind karg und wie in Schichten gefaltet, das gibt ihnen ein bizarres Aussehen.
An der Strecke liegen malerische Dörfer mit rosaroten Häusern. Zwischendurch dürfen wir uns über die ersten 10.000 km mit Dirty Harry freuen.
In Tata angekommen fahren wir auf den Campingplatz Hayat mit schönem Blick auf den Fluss und die kleine Altstadt. Wir sitzen bei 25° in der Sonne vor unseren Womos und lassen den Tag Revue passieren. Tata ist der südlichste Punkt auf unserer Marokko-Tour.
Am nächsten Tag steht die erste Berührung mit der Steinwüste im Süden an. Dazu fahren wir auf der gut ausgebauten N 12 ca. 150 km nach Foum Zguid. Unterwegs machen wir Pause an einem Wadi.
Dieter steigt in das fast ausgetrockneten Flussbett voller Palmen hinab. Ich habe mir den Zeh verstaucht und schaue ihm von oben zu. Er kommt und kommt nicht wieder. Ich mache mir Sorgen, die aber unbegründet sind. Er hat nur die Gastfreundschaft der dort lebenden Berber angenommen und in einer Hütte mit dem Ehepaar Tee getrunken.
Die Landschaft wird immer karger, die algerische Grenze rückt näher. Wir kommen in die Wüste. Es ist noch nicht die, die wir so als Wüste vor Augen haben, mit Sanddünen und weit und breit kein Baum oder Strauch. Hier sieht man die Sanddünen zunächst nur vereinzelt. Das Landschaftsbild wird eintöniger und brauner, kein Mensch oder Tier ist unterwegs.
So kommen wir nach Foum Zgiud und beziehen in dieser netten Wüstenstadt unser Quartier auf dem Campingplatz Khayma Park. Ein großer Torbogen am Ortseingang heißt auch hier die Besucher willkommen.
Wir bummeln durch den ganz in rosa gehaltenen Ort und essen lecker im Lokal Chegaga. Ein wenig verlegen werden wir, als wir mitbekommen, das unsere Essensreste vom Wirt einer alten Frau, die schon einige Zeit um das Lokal geschlurft war, zum Essen gegeben wurden…. Die Campingplätze, auf die wir fahren, sind zwar relativ günstig im Preis, entsprechen aber auch nicht unserem Standard, insbesondere was die Sanitäranlagen betrifft. Wichtiger ist, dass wir ausreichend Platz zum Parken haben und Ver- und Entsorgen können. Duschen und Toilette haben wir ja an Bord.
Von Foum Zguid geht es weiter auf der N12 durch die Wüste nach Zagora und dann auf der N9 durch das Valle du Drâa bis nach Adgz unserem Zielort. Die gut ausgebaute Strecke Richtung Zagora hat für uns etwas meditiatives. Kein Verkehr auf der Strecke, keine Blickpunkte links und rechts, irgendwie auch mal schön. Die große Oase Zagora war früher eine wichtige Karawanenstation. Das Schild direkt am Ortseingang – 52 Tage bis Timbuktu- zeugt noch davon.
Wir erledigen im Ort an der breiten Hauptstraße unsere Bank- und Telekom Geschäfte und erfrischen uns in der kleinen Hotel-Oase „Chez Ali“.
Der „Große Süden“ in dem wir uns jetzt befinden, ist das Land der Kasbahs (Festung) , der Palmenoasen und Wüstenlandschaften. Weiter fahren wir auf der N9 durch das Tal des Flusses Drâa. Landschaftlich recht abwechslungsreich und wunderschön mit Palmenoasen und vielen Kasbahdörfern links und rechts der Strecke. Die mächtigen Tafelberge im Hintergrund runden das romantische Bild ab. Man denkt, dass Lawrence von Arabien gleich um die Ecke auf seinem Kamel daherkommt.
Nach insgesamt 220 km kommen wir in dem kleinen Städtchen Agdz an. Marokkanisch chaotisch liegt es am Fuße des 1500 m hohen Djabal Kissen, der als schwarzer lang gezogenener Berg die Kulisse bestimmt.
Hier ist Siedlungsgebiet der Mezguita-Berber. Unser Campingplatz Palmeraie liegt am Ortsende umgeben von zwei alten Kasbahs die zwischen 150 und 250 Jahre alt sind. Der Campingplatz scheint mindestens genauso alt zu sein.
Er liegt zwar schön mit viel Platz in einem Palmenhain, ist aber ziemlich heruntergekommen. Na ja für eine Nacht wird’s gehen. Unsere beiden Womos sind die einzigen Gäste. Der Lautsprecher der nahen Moschee erklingt so laut, als wäre er auf dem Camp installiert. Wir können die erste Strophe des Koran schon fast mitsingen. Hier im Land braucht man morgens keinen Wecker. Der Ruf des Muezzin kommt pünktlich im Morgengrauen. Wie war das noch gleich mit dem frühen Vogel…..
Auf der N9 nach Ouarzazate fährt es sich gut. Die Straße führt durch wild zerklüftete braune Wüstenberglandschaften. Es geht hoch hinaus über den Tizi-n-Tinififft-Pass. (Ist kein Tippfehler, der heißt wirklich so. :-)) ) Bei 1660 m ist die Passhöhe erreicht. Das Panorama über dem Dra-Tal und über der Blick auf die schneebedeckten Berge des Hohen Atlas ist überwältigend.
Die Stadt selber liegt auf 1150 m zwischen den Gebirgsketten des Hohen Atlas und des Antiatlas. Sie ist aufgrund ihrer Lage eine Drehscheibe für den Verkehr im Süden Marokkos und ein Touristenzentrum. In der Nähe befinden sich mehrere Filmstudios. Hier in der Gegend wurden zahlreiche Bibel- und Monumentalfilme gedreht. Z.B. Der Gladiator, Die Bibel, Games of Thrones, Die Päpstin und Der Medicus. Die Filmstudios können besichtigt werden. Wir sind in dieser eindrucksvollen Gegend unterwegs und können uns gut vorstellen, wie die Filme mit dieser abwechslungsreichen Landschaft als Kulisse gedreht wurden, da brauchen wir nicht unbedingt in ein Filmstudio.
Wir laufen ein wenig durch die Stadt, kaufen auf dem örtlichen Markt frische Lebensmittel, feilschen mit den Händlern, essen bei einer Familie mit einem kleinen Essenstand in den Souks zu Mittag und besichtigen die alte Kasbah Taourirt. Auf dem nahe gelegenen Camping Municipal finden wir einen Stellplatz.