Marokko: Der Nordwesten; Durch das Rif-Gebirge nach Fés

Chefchaouen heißt frei übersetzt: „Schau dir die Hörner an“. Gemeint ist damit, dass der Ort zwischen zwei Bergspitzen des Rif-Gebirges liegt, die aussehen wie Hörner. Chefchaouen ist sowohl wegen seiner schönen Lage im Rif-Gebirge als auch wegen seiner malerischen Gassen mit den blau-weiß gekalkten Häuser besonders sehenswert.

So steht es im Reiseführer. Wir können uns davon persönlich überzeugen. —-Nach einer angenehmen Fahrt von ca 60 km auf der N2, die in diesem Abschnitt weit weniger Schlaglöcher aufwies, als gestern, beziehen wir unser Quartier auf dem Campingplatz Azilan hoch über der Stadt.

Von oben haben wir schon einen ersten wunderbaren Rundblick. Die blauen Häuser der Altstadt leuchten in der Sonne zu uns herauf. Vom Campingplatz führt ein gepflasterter Weg hinunter direkt in die Medina. Wunderbar!

Hier können wir auch endlich unsere marokkanischen Telefonkarten erwerben. Wir erleben in diesem kleinen Telefon-Laden, wie die Geschäftsleute aus den anderen Läden sich untereinander sofort helfen. Der junge Mann spricht eigentlich nur Arabisch und ruft seine Nachbarn zur Hilfe. Mit Händen und Füßen, mit Englisch und Französisch werden mehrere Handys und mein iPad mit marokkanischen SIM-Karten ausgestattet. Die Jungs haben alles Notwendige veranlasst, auch die Aktivierung.

Wir schlendern anschließend durch die vielen Gassen der Altstadt und erfreuen uns an dem quirligen Treiben, an den Waren die angeboten werden und an den freundlichen Menschen, die uns zwar ansprechen, aber nicht bedrängen.

Der Muezzin ruft pünktlich zum Gebet, heißer Pfefferminztee wird uns serviert, wir fühlen uns in der fremden Kultur wohl. Chefchaouen wird nicht umsonst „das blaue Juwel Marokkos“ genannt. Die blaue Farbe soll vor dem „Bösen Blick“ schützen. Wir sind nach dem Genuss mehrerer köstlicher Pfefferminztees nicht blau aber gut drauf. Das Laufen durch die vielen blauen Gassen schützt uns jetzt ein Leben lang. :-))

Gut gelaunt gehts am nächsten Morgen bei herrlichem Sonnenschein und einer guten Fernsicht weiter durch das Rif- Gebirge über Ouezzane auf der R408 Richtung Fés. Wir haben uns  nach der Stadt  Ouezzane für eine „grüne Route“ entschieden, die uns an dem größten Stausee Marokkos vorbeiführt. Es geht zwar langsam voran, die Straße hat so ihre Tücken, aber die Natur um uns herum macht das alles wett. Das Leben spielt sich hier auf der Straße ab. Frauen, Männer und Kinder reiten auf schwer bepackten Eseln auf oder am Straßenrand entlang und transportieren so ihre Waren. Tiere aller Art werden über die Straße getrieben. Die Menschen gehen zu Fuß von A nach B.

Kinder kommen aus der Schule heim und laufen kilometerweit über die Straße nach Hause. Sie sind fröhlich und winken uns zu. Die Olivenernte ist in vollem Gange. Hier wird in Handarbeit geerntet. Mit langen Stöcken hauen sie in die Bäume, die Oliven fallen herunter, werden unten von Frauen und Kindern aufgehoben, in Säcke gepackt und an Sammelstellen übergeben oder direkt an Ort und Stelle verkauft. Überall wird in allen Belangen die einfachste Form der Landwirtschaft praktiziert. Die Männer säen von Hand, die Äcker werden mit Maultieren, Ochsen oder Pferdefuhrwerken umgepflügt.

Ich denke dabei an meine Großeltern, die ihren Weinanbau auch noch sozusagen mit ihrer Hände Arbeit geleistet haben. Frauen waschen an Wasserlöchern ihre Wäsche, sie winken uns herzlich zu, wollen aber nicht fotografiert werden. 

Wir haben uns unterwegs verfahren, wir finden den Ort Fès el Bali einfach nicht. Die Straßenschilder sind ziemlich verrostet, von daher schlecht zu lesen. 

Am Ende dieses Ortes soll es ein Café geben, dass einen tollen Ausblick auf den wunderschönen Stausee bietet. Da wollten wir unbedingt hin! Als wir am Straßenrand beraten und die Karte ansehen, kommt ein Lehrer aus der Schule und fragt in astreinem Deutsch, ob er uns helfen kann.

Wir waren baff. Er erzählt uns noch kurz seinen Lebenslauf und hilft uns weiter. Wir finden den betreffenden  Ort am Stausee. Und das Café mit dem besonderen Ausblick! Das Gebäude hatten wir vorher im Vorbeifahren auch schon gesehen, aber nicht als Café erkannt. Bei uns sehen die einfach anders aus. :-))

Der Besitzer kam sofort mit Tisch und zwei Stühlen an und stellte sie vor unser Wohnmobil. Er brachte Kaffee vom Feinsten und quatschte mit uns in dreierlei Sprachen. Irgendwie haben wir uns verstanden.

Er deutete immer unten auf den Stausee, wir sollten doch auch dort ins Dorf hinunter fahren. Mein Fahrer nicht faul, macht das auch. Festgefahrener Lehmboden und einige Schlammlöcher, na ja,  ging gerade so. Die Dorfkneipe war nur deshalb für westliche Augen als solche zu erkennen, als dass ein paar Leute dort drinnen saßen und ihren Tee tranken.

Der Blick von unten auf den See und die freundlichen Dorfbewohner waren den Abstecher wert. Unser Kellner winkt uns zum Abschied mit seiner neuen ver.di Kappe auf dem Kopf, die wir ihm geschenkt haben. Der erste marokkanische Gewerkschafter, zumindestens äußerlich. :-))

So nun aber Gummi geben, wir haben noch 90 km bis Fés und es war schon Nachmittag. Ein paar Kilometer ist die Straße auch gut zu befahren, dann kommt eine 25 km lange Schotterstrecke, die es wirklich in sich hat. Schlaglöcher, Unebenheiten, Verwerfungen, Umwege durch Dreck und Matsch. Ich werde nie wieder über die Straßen in Alaska schimpfen!

Unser Dirty Harry macht hier seinem Name alle Ehre und mein Fahrer hat sich das goldene Lenkrad verdient. Die Sonne geht immer tiefer, wir haben noch 15 km durch diese große Stadt Fes zu fahren. Feierabendverkehr, alle kommen sie aus der Medina rennen zwischen den Autoschlangen durch. Zeigt die Ampel grün fahren irgendwie alle gleichzeitig los, kommen aber nicht wirklich weiter. Chaos hoch drei und das nach diesem langen Tag. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir unseren Campingplatz „Diamant-Vert“ etwas ausserhalb von Fés. 

Am nächsten Morgen geht es frisch gestärkt in die älteste der vier Königsstädte und in die größte Medina des Landes nach Fés. Wir hatten am Abend noch zu viert beraten wie wir diesen Stadtbesuch angehen wollen. Nehmen wir einen Führer oder nicht, fahren wir mit dem Bus oder wie kommen wir am besten in diese viertgrößte Stadt Marokkos mit ihren 143  Moscheen. Wir  beschließen, den Rat von Edith Kohlbach zu folgen, deren Reiseführer ( >mobil unterwegs, Reisehandbuch Marokko<) wir als sehr gelungen empfinden. Neben vielen guten Tipps für die Stadtbesuche, hat sie fast alle wichtigen Straßen und deren jeweiligen Zustand beschrieben und listet die Wegbeschreibungen sehr akribisch auf. Sie beschreibt für Fés, dass man sich mit dem Taxi zum weniger von Touristen frequentierten Platz R`Cif bringen lassen soll. Von dort lässt man sich durch die Straßen der Altstadt treiben. An dem Platz gibt es eine große Übersichtstafel. Dort sind verschiedene Routen mit den unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten farblich markiert. An diesen Wegweisern kann man sich wunderbar orientieren. Wir haben noch das besondere Glück, dass der Campingplatz einen eigenen Shuttle zur Verfügung stellt. Wir zahlen an der Rezeption einen Festpreis für die Hin-und Rückfahrt.

Das hat den Vorteil dass wir uns nicht mit Taxifahrern um Fahrpreise streiten müssen. Hamid, unser sehr sympathischer Fahrer gibt uns seine Telefonnummer, wir können ihn nach unserem Stadtbesuch anrufen. Er ist pünktlich zur Stelle. Wir hatten einen ungemein interessanten Tag in Fés, konnten uns gut orientieren, haben viel gesehen, haben in einem spannenden Café Tee getrunken und marokkanische Tapas gegessen und als krönender Abschluss eines wirklich gelungenen Tages wartete das Restaurant „Palais de Fés“ auf uns. Bei einem gigantischen Ausblick auf die Altstadt von Fés speisen wir vom Allerfeinsten.

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