„Hygge-Time“ in Dänemark: Die Westküste Jütlands; Teil 2

Das Wetter ändert sich. Es wird regnerisch, windig und nebelig. Aber der Vogelfelsen in Bulbjerg fasziniert uns trotzdem sofort. Man kann mit dem Wohnmobil auf den Felsen fahren und hat einen wunderbaren Blick in die Gegend! Es gibt auch hier wieder die schon erwähnte gute Infrastruktur: große Parkflächen, keine Verbotsschilder, keinen Eintritt etc. Hier oben werden wieder von der Vergangenheit eingeholt. Der gesamte Vogelfelsen ist von Bunkern des 2. Weltkriegs durchzogen. Die Dänen haben das Beste daraus gemacht und im Inneren eine spannendes Museum errichtet.

Ich muss mich ein wenig überwinden um auszusteigen. Wir sind die letzten Tage vom Wetter super verwöhnt worden. Aber was soll’s. Anorak an und raus auf den Felsen. Von unserem Frühstücksplatz am Strand in der Nähe, hatten wir uns schon auf das Stück Naturwunder gefreut. Wir klettern über Treppen runter an den Strand und geben uns ganz dem Rauschen der Wellen und Wind und Regen hin. Überall liegen Felsbrocken herum. Ich nehme mir ein Erinnerungsstück von diesem Kalkfelsen mit. Die sehr seltenen Dreizehenmöwen, die im Frühsommer hier in dem einzigen Vogelfelsen Dänemarks brüten, werden das bestimmt verkraften.

Über Hanstholm fahren wir weiter an der Küste entlang nach Klitmøller. Hier tummelt sich die Surferszene. Deshalb wird der Klitmøller Strand auch >Cold Hawaii< genannt. Es ist viel los in dem Ort. Hier finden zur Zeit die >Cold Hawaii-Games< statt. Wir finden dennoch einen Parkplatz und schauen uns das Ganze von der Zuschauertribüne mal an. Es gibt leider keinen Wind. Dennoch tummeln sich einige Unentwegte auf ihren Brettern im Wasser, wartend auf die nächste Welle. Uns wird also nichts geboten, so fahren wir weiter durch den Nationalpark Thy und über die Stadt Thisted auf die idyllische Insel Mors im Limfjord gelegen.

Hier übernachten wir in dem kleinen Dorf Redsted auf einem Stellplatz mit grandiosem Ausblick auf den Fjord. Auf seinem Grundstück hat ein Privatmann mehrere Stellplätze zur Verfügung gestellt. Wir sind die einzigen Gäste und bezahlen 100 DK, die in einem vorbereiteten Umschlag in den Briefkasten geworfen werden. Dieter ist von der Infrastruktur der Ver-und Entsorgung begeistert. „Endlich mal einer der mitdenkt“, sagt er. Duschen kann man in einem eigens dafür aufgestellten Anhänger. Alles supersauber und mit Liebe zum Detail hergerichtet. Hier hat sich die Fahrt, weg von der Küste ins Landesinnere, echt gelohnt.

Eine schnuckelige kleine Fähre bringt uns am nächsten Morgen über den Limfjord zurück auf die Strecke. Nach den ausgeprägten Aufenthalten an Stränden und in der Natur, schnuppern wir in Struer und Holstebro Stadtluft.

Struer wird auch die Stadt der Klänge genannt. Hier hat die weltbekannte Firma Bang & Olufsen ihren Sitz. Überall in der Stadt trifft man auf Klangkörper. Die Lampen am Hafen sehen aus, wie überdimensioniert Stimmgabeln.

In Holstebro, die als die beste Einkaufsstadt Dänemarks gilt, schlendern wir durch die Fußgängerzone. Jede Menge Kunst und Kultur wird einem hier beim Stadtbummel geboten. Es gibt außerdem einen kostenlosen Stellplatz in Innenstadtnähe im Park, wo man auch offiziell übernachten darf. Dort parken wir und lassen die Stadt auf uns wirken. Ich will hier die berühmte Giacometti-Skulptur auf dem Platz vor dem alten Rathaus besuchen. Ich hatte von der >Frau auf dem Wagen< oder >Maren auf’m Karren,< wie sie im Volksmund genannt wird, gelesen und war schon ganz neugierig.

Die Skulptur hat sich inzwischen zum inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt entwickelt, obwohl sie vor 50 Jahren mit gemischten Gefühlen empfangen wurde. Für das Kunstwerk zahlte die Stadt nämlich 1965 stolze 210.000 DKK, was bei vielen Einheimischen Empörung auslöste. Doch der Preis ist längst gestiegen – in der Tat wird der Wert von Experten heute auf etwas 100 Mio. DKK geschätzt. Aus diesem Grund wird die kleine Skulptur jeden Abend um 22 Uhr zum Schutz vor Diebstahl automatisch in einen unterirdischen Raum heruntergefahren. Um 10 Uhr steht sie wieder auf.

Die lange Fußgängerzone ist wie ausgestorben. Es ist nämlich Sonntag und jetzt habe ich auch verstanden, warum mein Lieblingsmensch direkt einverstanden war, als ich vorgeschlagen hatte, heute einen Stadtbummel zu machen. ;-)) Bald stehen wir vor dem alten Rathaus und die Enttäuschung ist groß! Et Maren auf’m Karren ist nicht da. Ich vergewissere mich ob wir tatsächlich am richtigen Platz sind, man sieht aber sofort die Konstruktion zum Runterlassen der Figur vor uns auf dem Rathausplatz. Ein freundlicher Däne, der mit seinem grünen Regenschirm an einem der Tische sitzt, sieht meine Ratlosigkeit und erklärt uns in gebrochenem Englisch, dass wir hier schon richtig sind, die Figur allerdings einen „Unfall“ erlitten hat und jetzt repariert wird! Sooo schade!

Die beiden letzten hier gezeigten Fotos sind Archivbilder.

Nach so viel Stadtluft freuen wir uns wieder auf eine frische Meeresbrise und fahren zurück an den Strand nach Thorsminde. Uns gefällt der langgezogene Ort nicht besonders. Hier zieht es viele Surfer hin, der große Campingplatz liegt direkt am Nissum Fjord, so dass auch Ungeübte im Wasser des Fjords trainieren können. Wer mehr Wind braucht, geht über die Straße auf die andere Seite zur Nordsee. Im Hafen gibt es Stellplätze für Wohnmobile. Wir wollen dort nicht bleiben. Stattdessen fahren wir wieder etwas weg vom Strand in ein kleines Dorf und stehen dort wieder im Garten einer Familie für kleines Geld mit ein paar anderen Wohnmobilen. Der Besitzer ist selber anwesend und freut sich über unseren Besuch. Am nächsten Tag ernte ich frische Brombeeren fürs Frühstück. Na, wenn das nicht „Hygge-Time“ ist.

Unser Aufenthalt an der dänischen Westküste geht so langsam dem Ende entgegen, ein paar Ziele haben wir aber noch. Auf der >Margueritrouten< fahren wir nach Hvide Sande, einem sympathischen Städtchen, wieder ganz im Zeichen von Wassersportlern und Freizeittouristen. Es gibt mehrere Stell-und Campingplätze in der Umgebung. Bei den großen Windrädern machen wir Rast und ich laufe eine Runde an den traumhaft schönen weißen Sandstrand, sammele dort Steine für mein neues Hobby und bin rundherum zufrieden. Natürlich besuchen wir auch noch den am höchsten gelegenen Leuchtturm Lynvig Fyr, ganz in der Nähe.

Der Himmel verdunkelt sich, es wird diesig und feucht als wir auf der schmalen Landzunge weiter nach Süden fahren. Links und rechts ducken sich vereinzelte redegedeckte Häuser in den Dünen vor dem Wind und dazwischen grasen Schafherden. Fast fühlen wir uns wie in den schottischen Highlands. Trotz des Wetters fahren wir noch zum Hennestrand. Die bekannte Dünenlandschaft wollte ich mir noch ansehen. Um an den Strand zu gelangen, muss man erst durch den gleichnamigen Ort, der fast nur aus Geschäften und Restaurants besteht. So ein richtiger Touri-Ort halt. Die Menschen laufen dick vermummt im Regen zwischen den Verkaufsständen umher, ich bin froh als wir auf dem großen Strandparkplatz ankommen, wo man auch übernachten kann. Dieter kocht Kaffee, es gibt dänischen Kuchen. Lecker! Backen können sie hier. Ich laufe an den Strand, muss mich gegen den immer kräftiger werdenden Wind stemmen. Auch der Regen wird stärker! Ok, einmal gucken und ein anderes Mal wiederkommen um durch die hohen Dünen zu laufen, nützt ja nix bei dem Wetter.

Weiter gehts in die jüngste Großstadt Dänemarks, nach Esbjerg. Am Strand, nördlich dieser dynamischen Stadt mit einem der weltgrößten Windkrafthäfen, steht seit 1995 ein riesiges Kunstwerk von Svend Wiig Hansen: >Der Mensch am Meer<! Diese Skulptur wurde anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Stadt geschaffen und ist seither ihr Wahrzeichen.

Die neun Meter hohen Figuren schauen über das Meer hinaus mit einer gelassenen und unangreifbaren Ruhe. Das spürt man irgendwie, wenn man in die Nähe kommt. „Sie bilden zwar eine Gruppe, aber jeder ist sich selbst überlassen in ihrer stillen Sehnsucht“, erklärt mir ein Besucher, der oft hierher kommt. Die Einwohner nennen das Werk des dänischen Künstlers einfach : >die vier weißen Männer<. Sehr beeindruckend und einen Besuch wert, kann ich nur sagen.

Wir übernachten ein letztes Mal in Dänemark, wieder in einem Garten von dänischen Landhausbesitzern. Mitten zwischen Apfelbäumen träumen wir vom Besuch der nahegelegenen, ältesten Stadt Dänemarks. Dorthin fahren wir am nächsten Morgen, nach Ribe!

Mit einem Stadtwanderungsflyer aus der Touristinfo laufen wir durch die alten Gassen und lassen die vergangenen Jahrhunderte auf uns wirken. Kleine gemütliche Cafés und Geschäfte bietet die Fußgängerzone. Der älteste Dom Dänemarks ist seit 800 Jahren das prunkvolle Wahrzeichen von Ribe. Hier gibt es Sehenswertes für mehrere Besuche. Wir gehen zurück zum Wohnmobilstellplatz, der integriert in einem Großparkplatz, sehr zentral für einen Stadtbummel liegt.

Die 10 Tage in Dänemark waren erlebnisreich und interessant. Wir haben u.a. das traditionelle Mittagessen der Dänen „Smørrebrød“ für uns wiederentdeckt. Dieses reich belegte Butterbrot wird immer mit Messer und Gabel gegessen, selbst in kleinen Imbissen. Isst man es mit der Hand, ist es kein Smörrebröd mehr, lernen wir. Die Grundlage bildet eine Scheibe Roggenbrot, der Kombination des Belages sind keine Grenzen gesetzt. Dieter macht jetzt schon spannende Kombinationen. ;-))

Neben den Begegnungen mit freundlichen Menschen, der Möglichkeit auf privaten Stellplätzen und auch mal frei in der Natur übernachten zu können, fanden wir die Mischung aus langen Sandstränden, Fähre fahren, und Stadtbesichtigungen wunderbar abwechslungsreich. OK, über die Bierpreise muss ich nochmal kurz meckern! Aber — Dänemark wir kommen wieder!

Es ist so schön hyggelig bei Euch!

Aktuell befinden wir uns auf der Anfahrt nach Italien. Wir wollen die Toskana bereisen, Weingüter besuchen, die Amalfiküste genießen, in die >Blaue Grotte>eintauchen, Capri’s Sonnenuntergang besingen, auf Vulkane steigen und und und…..

Freut Euch also auf weitere spannende Geschichten von unserer Spätsommer-Reise nach Bella Italia!

5 Kommentare bei „„Hygge-Time“ in Dänemark: Die Westküste Jütlands; Teil 2“

  1. Danke ! Für soviel Mühe und Arbeit !

    LG
    Manfred
    Dänemarkfan

  2. Liebes Dreamteam, eine herzliche Umarmung sowie ein kräftiges Schulterklopfen aus Rusbend, von Monika und Henry! Ganz lieben Dank für den sehr beeindruckenden Reisebericht! Weiterhin schönes Reisen für Euch

    1. Danke Ihr Lieben und einen herzlichen Gruß aus der Toskana!

  3. Und wie wir uns freuen… :-)))
    auf interessante Berichte und Bildchen aus der Toskana.
    Gode l’Emilia Romana.
    Ein dicker Schmatz geht zu euch in den Süden.
    Ach ja… Ich bin ganz gespannt auf deine bemalten Steinchen.
    Vorsicht Suchtgefahr, hihi.

    1. Wie schön, von Euch zu hören. In der Toskana herrschen spanische Temperaturen von 29°! Sehr schön hier! Freue mich auf mehr. Euch auch eine baldige gute Reise

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