Wenn wir schon hoch in den Norden fahren, dann auch bis ans Ende Deutschlands an die dänische Grenze. Das war mein Wunsch an meinen Fahrer. Denn ich wollte an eine ganz bestimmte Stelle! Zuerst aber verabschieden wir uns von der Nordseeküste und dem gemütlichen Stellplatz in Niebüll mit dem hübschen nahe gelegenen Park.
Es geht bei schönem Wetter hoch nach Aventoft, in die „Rosenkranzer Straße“. In Höhe der Hausnummer 48 liegt der Grenzübergang nach Dänemark. Kurios ist hier vor allem der Grenzverlauf. Die Grenze verläuft nämlich genau auf der Straße, die den Ortsteil Rosenkranz mit dem nur 300 m entfernten Rudbøl verbindet. Der deutsche und der dänische Grenzposten lagen nur ganz knapp auseinander. Genau in der Mitte der Straße, die beide Posten verband, verläuft die Grenze. Aus Deutschland kommend, zählt die rechte Straßenseite zu deutschem Territorium, die linke zum dänischen. In die Straße wurden Grenzsteine eingelassen, die den genauen Verlauf markieren. So stehe ich sozusagen mit jedem Bein in einem anderen Land!
Cool! Das gibt es sonst nirgends. Solche Orte mag ich! Natürlich hatte ich mich vorher informiert. Denn, – man sieht nur was man weiß-! Übrigens nicht das einzige Grenzkuriosum hier in der Gegend. Eine Frau, die mich lächelnd beobachtet, wie ich da so zwischen den Ländern hin und her hüpfe, erzählt mir, dass es in der Nähe des Ortes Rodenäs ein Haus direkt auf der Grenze stand. Das Gebäude noch auf deutscher Seite, der Garten bereits auf dänischem Territorium. Nach Hitlers Machtergreifung soll der damalige Besitzer, vielen Menschen zur Flucht verholfen haben. Er ließ sie einfach vorne zur Türe hinein und durch den Garten nach Dänemark hinaus. :-)) Überhaupt gibt es viele schöne Häuser hier in der Gegend.
Entlang der Grenze geht es nun für uns weiter und zwar nach Flensburg. Mein ganzes Leben lang verbinde ich mit Flensburg etwas Negatives. Das kommt daher, dass mein Vater nach bestandener Führerscheinprüfung mir nicht etwa gratulierte, nein, sofort kam der erhobene Zeigefinger und seine Worte: „Pass jetzt nur auf, dass du in Flensburg keine Punkte ansammelst, sonst ist der Lappen schnell wieder weg!“ Mir ist schon klar, dass die Stadt Flensburg nichts dafür kann, das Kraftfahrtbundesamt hat nun mal dort seinen Sitz und hier wird die Verkehrssünderdatei geführt. Aber irgendwie hatte ich ein gespaltenes Verhältnis zu dieser Stadt und nichts zog mich dorthin. Diese Reise bietet nun die Gelegenheit mit diesem Vorurteil aufzuräumen. Ich will mir die drittgrößte Stadt Schleswig-Holsteins und die nördlichste Stadt Deutschlands doch mal etwas genauer ansehen. Dazu informiere ich mich ein wenig über ihre Geschichte.
Die Stadt wurde um 1200 als dänischer Handelsstützpunkt gegründet. Sie kann somit auf eine 800- jährige maritime Tradition zurückblicken. Ihre Name leitet sich nicht durch die bekannte Biersorte ab, sondern geht auf einen Ritter namens Fleno zurück. Er schlug seinen Wohnsitz an der Förde auf, weil es verkehrsgünstig zwischen zwei bedeutenden Handelsstraßen lag.
Wir bummeln durch diese geschichtsträchtigen alte Stadt, schauen uns um auf dem Südermarkt.
Hier findet am Mittwoch -und Samstagvormittag der älteste Wochenmarkt Schleswig-Holstein statt. Wir laufen staunend durch die wohl schönste Straße in Flensburg, die Rote Straße. Diese historische Altstadtgasse mit fünf malerischen Handwerker- und Kaufmannshöfen, Kunsthandwerk Galerien und lauschigen Weinlokalen, hat ihr eigenes Flair.
Wir besichtigen eine Rum Manufaktur und lauschen der Geschichte des Rums aus Flensburger Sicht. Denn mit der Fahrt des Seglers Neptun begann 1755 die Rum Geschichte der Stadt. Von den Zuckerrohrplantagen Dänisch-Westindiens brachte er den Rohstoff für den Hochprozentigen mit, der von Flensburg aus den Weg in die weite Welt antrat. Als brauner Rohrzucker kam der Stoff auf den Schiffen daher, als brauner Rum verließ er die Destillen der Stadt.
In der Norderstraße angekommen, staunen wir nicht schlecht. Es soll Orte geben, da hängt der Himmel voller Geigen. In Flensburg- da hängen dort oben Schuhe. An einer Leine gespannt über die Straße.
Aber warum eigentlich. Das war gar nicht so einfach herauszufinden. Die Leute, die ich ansprach waren fast ausschließlich Touristen. Schlussendlich weiß keiner so genau woher sie kommen. Die Sneaker, die Gummistiefel, die Sandaletten, Schuhe aller Art hängen über der alten Flensburger Oberleitung. Es werden immer mehr und es gibt mehrere Geschichten dazu.
Die vom genervten Ehemann beispielsweise, der einst die stinkenden Schuhe seiner Gemahlin über die Drahtseile warf. Oder jene von den Diskothekenbesuchern des ehemaligen Clubs Roxy, die sich des Nachts einen Scherzerlaubten und angetrunken ihre Schuhe in die Luft warfen, bis diese sich schließlich in den Leinen verfingen. Und dann ist da noch die Geschichte von dem Besitzer eines angrenzenden Skateshops, der seine Kunden aufrief, ihre alten Schuhe über die Leine zu werfen, nachdem sie bei ihm neue erstanden hatten. Wie dem auch sei und ungeachtet des ursprünglichen Zwecks ist die Norderstraße zu einem inoffiziellen Wahrzeichen Flensburgs geworden und inspiriert manche Touristen dazu, ebenfalls ihre Schuhe zurücklassen, erzählt mir eine ältere Dame aus einem Souvenirladen.
Zu dem offiziellen Wahrzeichen der Stadt, dem um 1595 erbauten Nordertor, gelangen wir am Ende der eben beschriebenen Schuhe-Straße!
Wir gehen weiter ans Wasser und laufen ein Stück über den Kapitänsweg, so nennen sie hier den ca. 5 Kilometer langen Spazierweg an der Flensburger Förde entlang. Wir bewundern die vielen alten Segelschiffe und stärken uns nach soviel Geschichte und Geschichten an einer Fischbude mit frischem Fisch und natürlich einem leckeren Flens!
Ein alter Fischer erzählt uns beim Bier, dass man neben dem Rum und eben dieser berühmten Biersorte aus der Bügelflasche, vielerorts Flensburg noch aus zwei anderen Gründen kennt: Wegen des punktezählenden Kraftfahrtbundesamts und wegen des Unternehmergeistes der verstorbenen Großhändlerin in Sachen Sexartikel Beate Uhse. Offensichtlich traut die Stadt sich zu, mit „Sünden“ verschiedenster Art fertig zu werden, erzählt er augenzwinkernd. Darauf noch ein Flensburger. Wir übernachten an der Förde im Yachthafen mit vielen Geschichten rund um diese sympathische
Stadt im Gepäck und einem genialen Morgenblick aus dem „Schlafzimmerfenster“.
Bei der Weiterfahrt zum nächsten Ziel muss ich aber doch noch an dem besagten Amt vorbeifahren. ;-)) Auf jeden Fall kommen wir nochmal wieder, für die Besichtigung der Flensburger Brauerei hatten wir dieses Mal kein Zeitfenster
Wir kommen nach kurzer Fahrt nach Glücksburg. Hier kommen die Romantiker unter uns auf ihre Kosten. Denn hier mitten im Ort erbauten die Herzöge zu Schleswig-Holstein um 1580 herum ein Schloss, das beinahe über dem umgebenden Wasser zu schweben scheint. Ganz in Weiß, mit achteckigen Türmen entstand der Bau auf den Resten eines Zisterzienserklosters.
Das Schloss ist für jedermann zugänglich. Wir wandern durch den Park und den angrenzenden Wald einmal um den See herum und haben immer einen Blick auf alle Seiten dieses im Sonnenlicht glänzenden Schlosses.
Wir passieren einen Gedenkstein, der darauf hinweist, dass sich auch die Gräber der ca. 1000 toten Mönche des Zisterzienzerklosters unten im See befinden. Da kann man nur hoffen, dass sie nicht irgendwann auftauchen ;-)). An dem Lieblingsplatz des Bauherrn, König Friedrich VII von Dänemark, an der alten Eiche, rasten wir und erfreuen uns an der romantischen Umgebung.
Das Schloss gehört übrigens zu den wichtigsten Residenzschlössern Norddeutschlands und wird als „Wiege der europäischen Königshäuser“ bezeichnet. Heute ist der Besitz noch immer in adliger Familienhand.
Die nahegelegene 6 Kilometer lange Halbinsel Holnis unweit von Glücksburg lädt zum Wandern auf dem Theodor-Fontane-Wanderweg ein. Eine himmlische Ruhe empfängt uns am nordöstlichsten Punkt unseres Landes.
Wir laufen am naturbelassenen Strand um die Nordspitze der Halbinsel und bewundern die große Steilküste. Teile von Holnis sind Naturschutzgebiet- in diesem liegt auch dieses Stück Steilküste das „Holnis-Kliff“. Direkt gegenüber liegt die dänische Küste zum Greifen nah.
Hier geht es insgesamt sehr beschaulich zu, du kommst automatisch zur Ruhe. Auch finden wir immer wieder grüne Übernachtungsplätze für Dirty Harry.
Jetzt kann ich es gar nicht mehr abwarten endlich in die Schleiregion zu kommen. Eigentlich will ich ja schon seit Ende der 80er Jahre dorthin fahren. Der Grund ist und war die Fernsehserie „Der Landarzt“. Ja, ich war ein bekennender Fan dieser Serie, die nach fast 300 Folgen im Jahr 2013 beendet wurde. Der Landarzt Dr. Teschner, dargestellt von Walter Plathe war dabei mein Favorit. Aber der Reihe nach.
Wir beginnen mit der Erkundung der Schleiregion im Fischerdorf Maasholm. Es liegt mit seinem markanten Leuchtturm an der Schleimünde.
Die Schlei ist der längste und schmalste Meeresarm der Ostsee. 42 Kilometer sind es von der Halbinsel mit dem Ort Maasholm an der Spitze bis zur Stadt Schleswig. Dazwischen liegen schöne Dörfer und Arnis, die kleinste Stadt Deutschlands. Den Ort Deekelsen aus der eben erwähnten Fernsehserie sucht man hier vergebens. Überall in der Region waren Drehorte für die Serie. Die meisten aber in Kappeln. Dort fahren wir dann auch als nächstes hin und stehen zwei Tage auf dem schönen Wohnmobilstellplatz in der Marina, direkt an der Schlei.
Wir besuchen die bekannte Mühle, die spätbarocke St. Nikolai-Kirche, in der der Pfarrer aus der Serie seine Predigten hielt. Das Wirtshaus in dem Dr. Teschner seinen Stammtisch besuchte, sowie das Rathaus, werden auch besichtigt.
Der Hafen von Kappeln mit der sich öffnenden Brücke kommt auch in vielen Folgen der Serie vor. Ebenso die Fischbude von Jutta, wie sie uns bei einem leckeren Fischbrötchen erzählte.
Mein Fahrer macht alles brav mit. Später fahren wir natürlich auch zum Landarzthaus nach Lindaunis. Dort wo früher die Patienten gewartet und der Landarzt praktiziert hat, ist jetzt ein schönes Café. Wir lassen uns ein herzhaftes Frühstück schmecken und reden über die Serie. Ob wohl sie ja schon in 2013 beendet wurde, kommen die Leute nach wie vor in die Region und suchen die bekannten Orte auf. Der „Landarzt-Tourismus“ floriert immer noch.
Wir besuchen auch die kleinste Stadt Deutschlands, Arnis und bummeln durch die von Linden gesäumte Haupt- Straße. Zu beiden Seiten stehen Häuser, die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Direkt an der Schlei liegt auch die alte Schifferkirche, die schon 1668 gebaut wurde. 280 Menschen leben hier auf dieser Halbinsel zusammen, weswegen die Einheimischen sagen, dass sie nicht >in< sondern >auf< Arnis wohnen erzählt mir die Bäckersfrau.
Die größte Stadt an der Schlei, Schleswig, mit seinem weithin sichtbaren 112 m hohen Turm und dem dazugehörenden gotischen Dom aus dem 15 Jh. können wir nicht erkunden. Ebensowenig das bekannte Schloss Gottdorf, an dem wir zumindestens vorbeifahren.
Sosehr wir uns auch schon an das wechselhafte Wetter gewöhnt haben, schüttet es am Tag unserer Ankunft in Schleswig wie aus Kübeln. Dabei stürmt es ordentlich. Das Tief Quentino macht’s ordentlich ruppig, sagt gerade auch die Moderatorin aus dem Radio. Wir stellen uns nicht auf den engen und vollen offiziellen Wohnmobilstellplatz, sondern bleiben auf dem ehemaligen Militärgelände, „auf der Freiheit“. Hier stehen wir schön alleine und so nah an der Schlei, dass Dirty Harry Sorge hat, dass er nasse Füße bekommt. :-)) Wir bekommen Besuch von Dieters Sohn, der in Schleswig arbeitet. Bevor wir am Wochenende bei ihm und seiner Frau in Wasbek zu einem längeren Austausch sind, machen wir noch einen Abstecher zu einem UNESCO-Welterbe Ort. Wir erkunden das alte Wikinger Dorf Haithabu und das dazugehörende Museum in der Nähe von Schleswig am Haddebyer Noor.
Diesen Ort hatte unsere Wohnmobilfreundin Bea uns sehr ans Herz gelegt. Trotz des echt schlechten Wetters haben wir die Besichtigung nicht bereut. An vielen Stellen an der Schlei merkte man schon vorher, dass die Wikinger schon lange vor unserer Zeit dort ihre Spuren hinterlassen haben.
Genau genommen liefen hier um das Jahr 1000 die wichtigsten Fernhandelswege der Wikinger zusammen. Händler aus Skandinavien, Russland, England, Frankreich, ja sogar Spanien kamen an die Schlei, um Waren feilzubieten und zu erwerben. In seiner Blütezeit hatte das Haithabu eine größere Ausdehnung als das damalige Köln– geschützt durch einen Befestigungswall, auf dem wir entlanggegangen sind. Ich wußte gleich warum ich mich hier ziemlich wohlgefühlt habe. :-))
Wir verbringen schöne Familienstunden in Wasbek, die von einem stilvollen Abendessen in einem spannenden Lokal in Neumünster gekrönt werden.
Danach freuen wir uns auf die weiteren Stationen unserer Herbstreise auf Fehmarn, auf Poel, in Berlin, auf Usedom……
Liebe Renate, lieber Dieter,
ich werde Euren Blog nicht abonnieren…das halte ich einfach nicht mehr aus! Die Sehnsucht nach der See, nach Wind und Wetter, nach unendlich viel Zeit…genau das machte es aus. Und das Ganze noch mit dem Wohnmobil erleben – herrlich!
Genießt weiter die Zeit, ich freu über mich weiter über Eure Reisebericht!
Herzliche Grüße
Tim
P.S.: ich fang den Tag heute mal mit vier Telko‘s an…was ein Kontrast!
Hy Tim, alles hat seine Zeit…
Du wirst halt noch gebraucht, Glückwunsch zum Tarifergebnis… schön, dass Du bei uns dran bleibst LG Renate
Hallo ihr Lieben,
das ist ja mal wieder ein toller Bericht von eurer Herbsttour. Tolle Bilder und sehr schön beschrieben.
Weiter so, ich halte das eher aus als der Tim 🙂
Liebe Grüße Udo
Hallo Udo,
danke für die „Blumen“ u. liebe Grüße zurück…-:))