Ein Sommer in Deutschland: Vom Baruther Urstromtal in den Spreewald

Das Baruther Urstromtal ist vor ca. 21000 Jahre als Abflussbahn von Schmelzwässern entstanden. Es ist das südlichste und älteste der drei großen Urstromtäler in Brandenburg und ganz flach. Es beheimatet auch den Naturpark „Hoher Fläming“. Über kleine Nebenstrecken durchqueren wir von Nord nach Süd diese ursprüngliche Landschaft. Über 40 km werden wir immer wieder etwas durchgeschüttelt, die ostdeutschen Straßen sind noch nicht alle saniert. Der Dreamliner erträgt das mit stoischer Ruhe, schließlich ist er schon tausende Meilen auf Alaskas Schotterstraßen unterwegs gewesen. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit der Landschaft zu. Schier endlose Felder, Alleen und kleine Ortschaften wechseln sich ab. Sonnenblumenfelder, so weit das Auge reicht, blenden uns mit ihrem satten Gelb.

In gespannter Erwartung sind wir auf dem Weg zu unserem Übernachtungsplatz, der dieses Mal mitten im Wald liegt. Wie es dort wohl aussehen mag. Mit leichter Gänsehaut und Vorfreude fragen wir uns das übrigens jedes Mal wenn wir den Standort wechseln. So kommen wir in die Kleinstadt Jüterbog. Bis jetzt war das für mich ein Punkt auf der Landkarte, jetzt bin ich von dem schmucken Ort ziemlich angetan. Uns bleibt noch etwas Zeit, wir parken an einem kleinen See, vor den Toren des Ortes und laufen in den historischen Ortskern.

Schön hier! Wenig los, wir essen ein Eis und genießen die Ruhe. Am See stehen mittlerweile einige Wohnmobile, wir beschließen am nächsten Tag nochmal wiederzukommen.

Dann wird es Zeit unser Nachtquartier aufzusuchen. Die Luftaufnahme bei Google-Earth zeigt viel Wald und ein Gehöft. Wir fahren in den ca. neun km entfernte Ortsteil Markendorf. Die Anfahrt ist etwas abenteuerlich, bald aber biegen wir auf das Gelände der Familie Schoenleitner ein.

Hier hat sich das Ehepaar auf einer zwei ha großen Hoffläche eine Obstplantage zugelegt. Inzwischen sind einige Tiere dazugekommen und man kann hier auf dem Gelände in Wohnwagen übernachten. Frau Schoenleitner erzählt uns bei der Begrüßung, wie schwer es ihr fiel aus dem 70 km entfernten Berlin, wo sie direkt am Ku’damm gewohnt hat, hier in die Einsamkeit zu ziehen. „Es war schon schwer und hat ein Jahr gedauert, bis ich mich hier eingewöhnt hatte, aber dann wollte ich nicht mehr weg, erzählt sie schmunzelnd“. Ihr Mann interessiert sich mehr für unseren Dreamliner und freut sich über diesen „großen Bus“, der da auf seinem Gelände steht und macht Fotos für das Gästebuch.

Er bittet auch uns um einen Eintrag. Dem kommen wir gerne nach. Idylle pur auf „unserem“ Grundstück für eine Nacht. Dieter grillt für uns und ich schaue ihm später beim Polieren des Flairs zu. Die Arbeit hat sich gelohnt wie die Spiegelbilder zeigen.

Wir fahren zurück nach Jüterbog an diesen romantischen See und genießen den Blick durch die Trauerweiden auf Jungschwäne und Enten.

Später wandern wir auf dem Spitzbubenweg über 10 km rund um das nette Städtchen über Felder und Wiesen, immer mit Blick auf die Türme. Wir fragen uns warum dieser Weg wohl >Spitzbubenweg< heißt. Meine Theorie ist, dass die Spitzbuben wenn sie was im Ort geklaut hatten, später über die Felder abhauen, um nicht erwischt zu werden. Dieter’s Meinung ist, dass die Autofahrer, die in der Dorfkneipe zu viel getrunken hatten, später über die Felder nach Hause gefahren sind, um nicht erwischt zu werden. Was ist eure Theorie?

Gerne wären wir länger geblieben, aber der Spreewald wartet. Wir hatten versprochen, auf dieser Reise nun endlich vorbeizukommen. ;-)) Ich freue mich, denn dieses Unesco-Biosphärenreservat zwischen Berlin und Dresden kenne ich bis jetzt nur aus dem Fernsehen. Die Krimireihe im ZDF >Der Spreewaldkrimi< schauen wir schon viele Jahre und ich hegte immer den Wunsch, auch einmal in so einem Kahn durch die vielen Spree-Kanäle gestakt zu werden.

Über 1000 km sind hier befahrbar. Mit solchen romantischen Gedanken kommen wir in Burg im Spreewald an. Die Sonne lacht und eine freundliche Bedienung aus der Metzgerei Krabat, unserem heutigen Gastgeber, öffnet die Schranke für den Parkplatz hinter der Metzgerei. „Landvergnügen“ öffnet alle Schranken, kommentiert die nette junge Dame. Wir richten uns ein und essen in der Gaststätte, die zur Metzgerei gehört.

Passt alles, bis auf die Menschen, die hier in Scharen herumlaufen. ;-)) Ja, Burg ist ein echter Touristen Knotenpunkt. Der Fährhafen liegt direkt gegenüber unserem Stellplatz, ich schaue mir die Boote an und begrabe meinen Traum von einer einsamen Fahrt in einem Kahn. Große Boote für zwanzig Personen mit Getränken und Flachmännern auf den Tischen warten auf den Besucherandrang.

Die Schlange an der Kasse ist lang. Auf der gegenüberliegenden Seite warten quengelnde Kinder mit ihren genervten Eltern auf die Ausgabe von Paddelbooten. Auf den recht engen Kanälen knubbelt sich alles. Die großen Kähne haben Vorrang. Wenn Kommissar Krügen in den schon erwähnten Krimi ins Boot steigt und sich in den Hochwald fahren lässt, sieht das aber alles ganz anders aus.

Nein, dann doch lieber Fahrradfahren! Das tun wir dann auch. Das Wetter spielt mit, es ist nicht zu heiß, es geht ein leichter Wind. Ich habe in der Touristinfo eine Radkarte besorgt. „Das Knotenpunktsystem wird hier gerade etabliert, ist aber noch nicht durchgängig ausgeschildert, erläutert mir die Angestellte“. Wir fahren die >Heuschobertour<. Sie führt als Rundtour 35 km an den Kanälen vorbei. Dementsprechend viel los ist auf der Strecke. Oh je, das kann ja heiter werden. An jedem Knotenpunkt stehen die Leute und versuchen aus dem Gewimmel an roten Punkten auf den angebrachten Schautafeln schlau zu werden. Das ist echt Augenkino.

Wir kennen das System und kommen zurecht. Aber an jeder Ecke musst du aufpassen, von überallher kommen die Fahrradfahrer. Wir genießen diese urwüchsige Landschaft trotzdem und schauen den Booten beim Schleusen zu.

Wir kehren unterwegs ein, weil ein Schild vor dem Gasthof >heute frische Buttermilchplinse< verkündet. Dieter fragt die Bedienung: Was ist denn Buttermilchplinse„? „Na Plinse eben, nur mit Buttermilch“, kommt als Antwort. Wir müssen total lachen, das Mädel schaut zunächst etwas sparsam, versteht dann aber und erklärt uns, das Plinse ein Eierkuchen in Pfannengröße ist. Man kann verschiedene Zutaten dazu wählen. Schmeckt herrlich lecker und fluffig, die Buttermilch-Plinse. Die essen wir morgen wieder! Zuhause heißt das Teil dann Pfannkuchen. ;-))

Zurück am Wohnmobil sehe ich eine noch größere Schlange am Eingang zum Hafen auf die bis zu 10 m langen Gleitboote warten und verschwende keinen Gedanken mehr an eine Kanalfahrt. Die alten Traditionskähne aus Holz nehmen bis zu 18 Personen auf, die heute dominierenden Aluminiumkähne bis zu 40 Personen. Ich werde doch mal Kontakt zu Kommissar Krüger aufnehmen. Vielleicht nimmt der mich ja mal mit! ;-))

Wir bleiben einen Tag länger als geplant, wollen nochmal Rad fahren und zwar die „Storchentour“. Sie verläuft wunderschön auf dem Spreedamm entlang, teilweise über alte Bahntrassen. Kein Mensch weit und breit. Herrliche Natur, ein weiter Blick, die Kontenpunkte stimmen. Wir fahren auch ein Stück auf dem bekannten Gurkenweg, der ca. 250 km durch den Spreewald und die Lausitz führt. Witzig, auf dem Piktogramm ist eine fahrende Gurke abgebildet.

Die Gurkenfelder links und rechts sehen aus wie bei uns die Erdbeerfelder. Überall kann man sie natürlich kaufen. Sie schmecken echt gut. Die Gurke wurde übrigens von den Holländern hierher in den Spreewald gebracht. Vor 300 Jahren waren die Holländer gerufen worden, um dem ungeordneten Labyrinth von Gewässern ein System zu geben. Im Gepäck hatten sie Gurken.

An einer Abzweigung entschließen wir uns, mal eben den Schlenker nach Cottbus zu fahren. Ich hatte schon einiges über die Altstadt und das Wahrzeichen der Stadt den Spremberger Turm, der Teil der südlichen Befestigungsanlage im 13/14 Jh war, gelesen.

Auf dem ziemlich holprigen Zuweg in die Stadt, bereue ich fast meinen Vorschlag, die Stadt zu erkunden. Aber dann entpuppt sich die kleine Altstadtrunde doch als ein gelungener Abstecher. Wir finden, dank Pfadfinder Dieter und freundlichen Anwohnern auch wieder auf dem richtigen Weg durch eine herrliche Waldlandschaft zurück zu unseren Knotenpunkten und freuen uns schon auf die nächste Plinse, die unser Metzger Krabat übrigens auch hervorragend macht. Nach fast 50 km schmeckt sie nochmal so gut!

Ob der Sorbenfürst Derwan aus dem Jahr 631 die Plinse auch lecker fand, ist nicht überliefert. Dafür hat er aber seinen slawischen Stamm hier im Spreewald und in der Lausitz angesiedelt. Heute leben in Sachsen und Brandenburg noch etwa 60.000 Sorben, deren Muttersprache auch noch sorbisch ist. Überall gibt es zweisprachige Wegweiser. Ebenfalls hier angesiedelt ist der Volksstamm der Wenden. Beiden Volksgruppen sind Bräuche und Feste zu eigen, die sich um die Osterzeit konzentrieren aber auch im Sommer zu erleben sind. Die Menschen tragen dabei ihre Trachten, deren markantestes Merkmal die Hauben der Frauen darstellen. Es lebe die Tradition!

Wir können uns von der Gegend noch nicht trennen und übernachten nochmal in der Nähe einer sorbischen Fliehburg in Raddusch an der Grenze zwischen Spreewald und Niederlausitz mitten in einer Blumenwiese. Da schmecken die Frühstückseier gleich besser. :-))

Zum letzten Mal auf dieser Reise kaufen wir in einem Hofladen der Spreewaldbauern die leckeren Spreewaldgurken und können auch ein frisch gebackenes Brot aus dem Holzofen erwerben. Auf dem Gelände des großen Hofes hätten wir als „Landvergnügen-Teilnehmer“ auch übernachten können.

Auf gehts nun in die Lausitz und nach Dresden!

Ein Kommentar bei „Ein Sommer in Deutschland: Vom Baruther Urstromtal in den Spreewald“

  1. Hallo liebe Renate..ja im Spreewald waren wir auch mal.. 2019 ..Sind auch mit dem Boot gefahren ..
    Ist sehr schön dort…..:)

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