Ein Sommer in Deutschland: Durch das Erzgebirge ins Fichtelgebirge

Unser Weg ins Erzgebirge führt vorbei an den Ausläufern des Elbsansteingebirges, durch den schmucken Ort Weesenstein mit seinem barocken Schloss und durch das liebliche Müglitztal. Diese ruhige Landschaft mit sanften Hügeln und netten Ortschaften tut dem Auge gut.

So kommen wir in die Kleinstadt Glashütte, die insbesondere für die dort ansässigen Uhrenmanufakturen weltweit bekannt ist. Hier hatte zunächst alles mit dem Bergbau zu tun und zwar um das Jahr 1500 herum. Jemand hatte eine Glashütte errichtet und nach dem Fund von Silbererz nahm der nach der Hütte benannte Ort einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung. Später kamen Eisenerzfunde hinzu. Im Jahr 1845 ließ sich dann als erster Uhrmachermeister der Sachse Ferdinand Aldoph Lange in Glashütte nieder. Bald darauf begann er mit der Ausbildung der ersten Uhrmacher. Trotz erheblicher Anfangsschwierigkeiten wurde die Uhren-und Feinmechanische Industrie zum wirtschaftlichen Rückgrat der Stadt.

Ich wollte schon immer mal nach Glashütte, weil ich diese Entstehungsgeschichte so interessant fand. Diesen kleinen Ort am Rande des Erzgebirges kennt man in der ganzen Welt. Die Uhren sind begehrter denn je und haben ihren Preis. Ich bin ganz stolz darauf, dass ich meinem Lieblingsmenschen zu unserer Hochzeit eine Uhr von A. Lange & Söhne schenken konnte. In einem kleinen Uhrenladen außerhalb von Köln, deren Besitzer aus Altersgründen schließen wollten, wurde ich mir mit der Inhaberin über den Preis einig! Ich war ganz stolz über diesen Handel und Dieter gefällt die Uhr so gut, dass er sie kaum anzieht, weil sie ihm zu schade ist. ;-)) Es könnte ja was drankommen. Für mich schloss sich deshalb in Glashütte ein Kreis.

Danach fahren wir weiter durch das hügelige Erzgebirge. Als erstes fällt mir auf, dass die bekannten Schwibbögen an fast jedem Haus hängen. Ich konnte viele verschiedene Ausführungen bestaunen. So dicht besiedelt hatte ich mir die Gegend gar nicht vorgestellt.

Immer an der tschechischen Grenze entlang, kommen wir nach Seiffen. Hier ist Weihnachten auch im Sommer. Insbesondere die Schwibbögen bzw. Lichterbögen werden immer noch in liebevoller Handarbeit hergestellt. Sie haben ihren Ursprung hier im Erzgebirge und waren am Anfang kein Symbol der Weihnachtszeit, sondern stellten vielmehr die Situation der damaligen Zeit dar. Die Menschen stellten die leuchtenden Bögen in die Fenster, damit die Bergleute auch im Dunkeln den Weg nach Hause fanden.

Seinen Namen hat das Erzgebirge den reichen Silberfunden zu verdanken, der Bergbautradition seine wirtschaftliche Entwicklung: Das Erz bestimmt hier den Rhythmus. Nicht umsonst sagt man hier: Alles kommt vom Bergwerk her. Es begann im 12. Jahrhundert im Raum von Freiberg mit dem Silber. Den Stollen und Schächten folgten Städte und Hüttenindustrie. Zurecht und mit Stolz trägt die Montanregion Erzgebirge, seit Juli 2019 den Namen UNESCO-Welterbe. Was zunächst über Krisenzeiten hinweghalf, die holzverarbeitende Kleinkunst, wuchs ab dem 18. Jahrhundert zum eigenständigen Wirtschaftszweig heran. Und natürlich schmückt sie weiterhin diese Region und alle Weihnachtsmärkte auf denen ich bisher war.

Wir fahren weiter durch den Naturpark Erzgebirge/Vogtland. Es geht bergauf und bergab. Wir kommen durch Dörfer mit den Namen Deutschgeorgenthal oder Deutscheinsiedeln. Wir lassen den bekannten Wintersportort Oberwiesenthal aus und fahren über Annaberg-Buchholz nach Norden Richtung Plauen. Die „Baggerfahrt“ durch das sympathische Erzgebirge kostet Zeit. Es wird dämmrig, ein Übernachtungsplatz muss her. Bei Landvergnügen hatte ich einen Brauerei-Gasthof entdeckt, bei dem man „einfach anreisen“ konnte. Der Ort Zwönitz lag auf unserer Route, also nix wie hin. Tja so gegen 19.00 Uhr wollen irgendwie alle dort sein, essen und vor allem das Bier aus der eigenen Brauerei trinken. Der Dreamliner guckt schon ganz verzweifelt als er den vollen Parkplatz des Gasthofs sieht. Auch der Biergarten ist voll besetzt. Oh je, dann haben wir dieses Mal wohl kein Glück. Von wegen! Freundliche Kellnerinnen sagen wo wir einstweilen parken können und wir bekommen auch tatsächlich noch Platz im Biergarten. Es hatten Leute abgesagt. Mit uns am Tisch saß ein symphatisches Ehepaar.

Wir kamen ins Gespräch und wenn der Nachtwächter nicht gekommen wäre um die letzte Runde anzukündigen, würden wir wohl immer noch da sitzen! :-)) Herrlich so eine Tradition, der Nachtwächter kommt und sagt seinen Spruch: „Hört ihr Leut und lasst euch sagen unsre Glock hat zwölf geschlagen…..“ Das zu erleben war ein Highlight. Der Dreamliner findet dann auch noch einen Platz auf dem inzwischen leeren Parkplatz. Am nächsten Tag fahren wir gut ausgeschlafen weiter. Ein wunderbares Erlebnis!

So fahren wir in den Morgen unserem nächsten Besichtigungspunkt entgegen. Wir wollen uns die „Elstertalbrücke“ bei Jocketa in der Nähe von Plauen ansehen. Ich hatte in meiner Vorbereitung auf diese Deutschlandtour über die großen Eisenbahnbrücken im Osten gelesen. Die Brücke, die wir besichtigen werden, wurde im Zuge des Baus der Bahnstrecke Leipzig-Hof der Sächsisch-Bayrischen Eisenbahn im Jahr 1846 über das Tal der Weißen Elster errichtet. Sie gilt als die zweitgrößte Ziegelsteinbrücke der Welt. Unter der 68 m hohen Brücke hindurch führt die Elstertalbahn. Diese Informationen hatte ich alle beisammen, aber gefunden haben wir die Brücke zunächst nicht. Trotz Navi! Das war echt ein Ding. Mit dem großen Womo kreisen wir durch ein Wohngebiet mit immer enger werdenden Straßen. Die Einwohner schauten schon komisch, wenn sie uns zum dritten Mal an sich vorbeikommen sehen. Denn Aufgeben gibts bei uns nicht. Sogar in eine Sackgasse fährt der Dreamliner ohne zu zögern weil wir dort meinten, einen Brückenpfeiler gesehen zu haben. OK, ich mache mal die Augen zu, derweil mein Fahrer und das Wohnmobil sich blind verstehen. Dieter sagt dem Dreamliner mit seiner 9.20 m Länge: „Mach dich mal klein, damit wir hier wieder rauskommen“. Und der macht das auch! Die Beiden wenden sozusagen auf einer Briefmarke! Ein Mann, der seinen Rasen mäht und anfangs so getan hat, als würde er uns nicht sehen, konnte doch nicht umhin, diesem Wendemanöver mit offenen Mund zuzusehen!

Soweit so gut. Wir finden einen Parkplatz etwas weiter weg und laufen zu Fuß runter zur Brücke. Es ist schon ein tiefes Flusstal dass die Weiße Elster da gegraben hat. So haben wir gleich auch noch unseren üblichen Morning Walk absolviert. Echt eindrucksvoll die großen doppelstöckigen hohen Rundbögen.

Nach der zweithöchsten Brücke wollen wir nun auch noch die höchste sehen, die Göltzschtalbrücke. Diese liegt ungefähr 20 km weit entfernt. In die entgegengesetzte Richtung zwar, aber wir wollen sie sehen. Ein gigantisches Teil diese Brücke und einfacher zu finden! Zwischen den Orten Reichenbach und Netzschkau überspannt sie das Tal der Göltzsch. Das Viadukt mit insgesamt 98 Bögen gilt als Wahrzeichen des Vogtlands. Die Bogenbrücke ist 78 Meter hoch. Was muss das ein Ausblick aus dem Zugfester sein!

Wir fahren drunter durch und bestaunen sie ausgiebig. Das hat sich echt gelohnt. Übernachten tun wir bei einer netten Familie im Garten. Sie haben auf ihren Womo-Stellplatz Vogtland 8 Plätze in einer herrlich ruhigen Lage. Wir machen einen Abendspaziergang durch den aufgeräumten Ort Thiergarten. So schöne gepflegte Gärten habe ich selten gesehen.

Nach einer wunderbar ruhigen Nacht machen wir uns nun auf ins Fichtelgebirge. Dazu fahren wir über die ehemalige innerdeutsche Grenze bei Hof und sind nun im Bundesland Bayern angekommen. Wir finden einen kleinen, aber voll ausgestatteten Gemeindestellplatz im schönen Ort Thierstein; die Alpakafarm zu der wir ursprünglich hinwollten hatte erst am nächsten Tag Platz. Wir richten uns auf dem Stellplatz mit tollem Fernblick ins Fichteltal ein und stellen fest, dass auch noch freies WLAN zur Verfügung steht.

Also dann nix wie den Rechner raus und schreiben. Dieter ist begeistert was diese kleine Gemeinde für 6 Euro den Wohnmobilsten zur Verfügung stellt. Strom, Ver-und Entsorgung, Wasser; Internet und Infomaterial von der Gegend. In Bayern finden wir später noch einige solcher Plätze. Das nennen wir mal Gastfreundschaft auch für unser Klientel. Da sollte sich so manch anderes Bundesland mal eine Scheibe von abschneiden.

Es regnet. Nachts springt sogar die Heizung an. Gar nicht vorstellbar, dass eine Hitzewelle im Anmarsch ist. Wir machen es uns im Wohnmobil gemütlich und nutzen die Zeit uns über Wanderungen in der Umgebung zu informieren. Ein Spaziergang durch das schmucke Dorf bringt eine Überraschung. Wir kommen an einer Bank vorbei, darauf steht „Mitfahrerbank“. und tatsächlich lässt sich das angebrachte Ortsschild verändern. Man setzt sich also hin, dreht das ortsschuld in die gewünschte Richtung und wartet dass man angenommen wird. Später sehen wir diese Bank auch noch an anderen Stellen.

Am nächsten Tag laufen wir durch die >Kulturlandschaft Kaiserhammer< dem Weg Nr. 2 nach, über Wiesen, Felder und kleine Hügel immer mit Blick auf Thierstein mit seiner mittelalterlichen Burg, die abends stimmungsvoll beleuchtet ist. Das ist eine gute Übung für später wenn wir den zweithöchsten Berg des Fichtelgebirges besteigen wollen. Es gefällt uns sehr gut in der Gegend, wir sagen der Alpakafarm ab und bleiben noch hier. Schön, wenn man so flexibel sein kann.

Dann gehts aber los, ins Zentrum des Fichtelgebirges zur Besteigung des >Ochsenkopf<. Dazu fahren wir nach dem ersten Kaffee morgens los über den Scheitelpunkt des Fichtelgebirges in 777 m Höhe und sind rechtzeitig auf dem Wanderparkplatz Karches um einen guten Platz für unser Wohnmobil zu finden. Von hier aus startet der „Weißmain-Ochsenkopf-Steig“. Ein Rundweg von 15 Kilomtern, der uns auf den zweithöchsten Berg im Fichtelgebirge, den Ochsenkopf (1024 m) bringt.

Vorher kommen wir aber zur Weißmainquelle. Ich finde es immer faszinierend am Anfang von etwas zu stehen und dann zu sehen, wie aus dem kleinen Rinnsal aus der Quelle ein stolzer Fluß wird. Der Main! Wir lernen, dass er hier Weißer Main heißt weil das Wasser zunächst über weißen Granitstein läuft. Später in Bayreuth begegnen wir dem Roten-Main, der seinen Namen von dem eisenerzhaltigen Lehmboden hat, aus dem er entspringt. Und zwar 12 km entfernt außerhalb der Stadt. In Kulmbach fließen Weiß-und Rotmain zusammen und bilden den Fluss Main, der bei Mainz in den Rhein fließt. Ich muss immer wieder sagen: Reisen bildet!

Durch eine wildromantische Landschaft, mit vereinzelt liegenden riesigen Felsblöcken durchsetzt, erreichen wir nach zwei Stunden den Gipfel des Ochsenkopfs. Hier ist richtig viel los, weil auch eine Seilbahn die Menschen nach oben befördert. Überhaupt ist das Mittelgebirge >Naturpark Fichtelgebirge< bei Wanderen sehr beliebt, es gibt keine extremen Höhen zu bezwingen. Auch ich kann locker auf dem Ochsenkopf neben dem Gipfelkreuz sitzen ohne dass mir schwindelig wird. ;-))

Zwischendurch kann man von einem Felsen aus auch den höchsten Berg, den Schneeberg mit seinen 1051 m sehen. das Panoramafoto zeigt, wie gering die Höhe zwischen den beiden Bergen ist. Wir entscheiden uns nicht auch noch auf den Schneeberg zu wandern.

Der Rückweg führt uns mehrere Kilometer am Weißen Main entlang. Wunderschön! Man hört nichts anderes als das Plätschern des Baches der sich seinen Weg über die Felsen sucht. Ich frage mich, welche Riesen sich hier wohl in der Vergangenheit gegenseitig mit Felsbrocken beworfen haben mögen! Der Weg ist durch freiliegende Wurzeln recht knubbelig, unsere Füße und Waden erhalten einen kostenlose Massage, die nachhaltig wirkt. Nach 15 Kilometern und vier Stunden später kommen wir wieder am Wanderparkplatz an, der jetzt völlig vollgeparkt ist.

Der Dreamliner schaut schon ganz sparsam, weil ihm die Pkws ohne Rücksicht auf Verluste so nah auf die Pelle gerückt sind, obwohl wir strategisch gut vor einem großen Sandhaufen geparkt haben. Aber es gibt immer noch die besonderen Autofahrer, die parken auf dem Sandhaufen. :-(( Direkt vor unserer Stoßstange. Gott sein Dank hatte der Autofahrer hinter uns ein Herz für Wohnmobilsten oder einfach nur Weitblick, er hatte ausreichend Platz gelassen. Wir kümmern uns zunächst um unser leibliches Wohl und stärken uns in dem nahegelegenen Gasthof „Waldrasthaus Karches am See“! Bier und Essen super! Wir können Wanderung und Einkehr unbedingt empfehlen!

Wir übernachten im nahegelegenen Bischofsgrün. Auch hier gibt es einen ruhigen Wohnmobilparkplatz mitten im Ort in Friedhofsnähe. Wir brauchen nur die ortsübliche Kurtaxe von 1.50 Euro zu zahlen. Im Tourismusbüro freut man sich, dass der Platz so gut angenommen wird. Ob die Anwohner sich auch mitfreuen, möchte ich bezweifeln.

Ausgeruht fahren wir am nächsten Morgen weiter nach Bayreuth!

2 Kommentare bei „Ein Sommer in Deutschland: Durch das Erzgebirge ins Fichtelgebirge“

  1. Brauereigasthof Zwönitz: su sei mir im Arzgebirg un es Bier hod a gschmeckt .

    1. Hy Evy,
      das liest sich gut, wir üben gerade die Aussprache -:)))

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