„Biikebrennen“ auf Sylt

„Wollen wir in diesem Jahr mal zum Biikebrennen nach Sylt fahren?“ wurden wir vor einiger Zeit von unserer guten Freundin Doro gefragt. Hä, Biike was….“Ist das ein neues Getränk oder was“, fragte ich ahnungslos in die Runde. Auf dieser hippen Insel Sylt ist ja so ziemlich alles möglich. Neeiiin, den Winter austreiben helfen, erfuhr ich nachdem das Gelächter ob meiner Frage abgeebbt war. Nichts lieber als das, dachten wir, denn der graue Winter hatte uns in den wenigen Wochen, die wir zu Hause waren, schon ziemlich zugesetzt. Dieter fährt ja nicht so gerne auf Die Insel, aber mir zuliebe und um nette Menschen zu treffen, haben wir unseren straffen Reiseterminplan noch einmal angepasst. Über die lange Tradition des Biikebrennens erfahren wir später auf der Insel mehr. Sechs Wohnmobile aus den unterschiedlichsten Ecken Deutschlands machen sich ab dem 17.02. auf nach Sylt. Unser Dreamliner freut sich. Endlich darf auch er mal wieder auf die Strecke. Die 4 Monate während unserer Winterreise mit Dirty Harry, hat er im Carport am Heider-Bergsee gut überstanden. Wir nutzen die Fahrt in den Norden zu einem Stop-Over bei der Familie und übernachten auch nochmal in Rømø, Dänemark, auf dem schönen Stellplatz Oasen. Im Sommer immer voll, sind wir dieses Mal fast die einzigen Gäste. Es ist total ruhig, die Pferde grasen friedlich, Idylle pur auf der Halbinsel.

Wir kommen am 19.02. mit der Fähre in List auf Sylt an. Unser erster Weg ist der zu Gosch. Mit frischen Fischhäppchen und einem Glas „Gosch-Blubberwasser“ beginnen wir unseren Aufenthalt.

Später fahren wir zum Campingplatz Südhorn in Tinnum, wo schon die ersten Womos aus der Gruppe stehen. Camping Südhorn ist einer der wenigen CP, die ganzjährig geöffnet sind. Tinnum ist ein nettes Dorf und ca. 2 km von Westerland und der Küste entfernt. Direkt am Platz ist das Restaurant Janke´s, in dem man ausgesprochen gut essen kann. Wer nicht reserviert hat, bekommt keinen Platz. Herr Dau, unser freundlicher Campingplatzchef hat uns sofort nach Ankunft darauf hingewiesen. Abends konnten wir uns von der guten Küche überzeugen. Wir wurden von Erich bedient, einem Kölner, der schon viele Jahre auf der Insel wohnt. Von ihm bekamen wir viele Insidertipps z.B. wo es in Tinnum den besten Bäcker, (Jesse über die Bahnschienen) und das beste Café (Cafe-Kuhstall, direkt de Eck äröm) gibt. Herrlich!

Mittwochs ist die Gruppe komplett. Jetzt rocken wir mit unseren durchaus etwas größeren Womos diesen beschaulichen Platz. Es gibt verschiedene Tagesaktivitäten, je nach Lust und Laune werden als Fortbewegungsmittel Fahrräder, Autos oder die Füße genommen.

Wir unternehmen mit „Wanderführerin“ Doro eine Wanderung an den Strand von Westerland, abends geht’s dann gemeinsam nach Rantum in die Sansibar.

In dieser Kultstrandbar auch mal einen Abend zu verbringen, darauf freute ich mich sehr. Dort ist jeden Tag die Hölle los. Als wir um 20.00 Uhr zu unserem Tisch wollen, ist gerade Schichtwechsel. Dementsprechend gibt es Gedränge am Eingang. Als gäbe es was umsonst. Dieser Hype um die Sansibar ist irgendwie nicht wirklich nachvollziehbar. Das gut geschulte Personal ist allen Situationen gewachsen, erfüllt alle Wünsche, bringt die Beilagen zum Essen sooft man will. Es ist voll und laut im Lokal, man diniert bei Kerzenschein. Die Sansibar beschäftigt ca. 100 Menschen, die sich in der Küche und beim Service um die Gäste aus aller Welt kümmern. Schön, dass wir mal dort waren.

Es gibt auf der Insel aber natürlich viele gute Alternativen. Das –Manne Pahl- in Kampen gehört für uns allerdings definitiv nicht dazu. Dort machten wir am nächsten Tag in der Diskussion mit einem arroganten Kellner über die Größe von Blaubeerpfannekuchen so unsere Erfahrungen. Dabei waren wir nach einem Spaziergang ans Wattenmeer ziemlich hungrig und mussten dann im Lokal fast mit der Lupe den Pfannkuchen auf dem Teller suchen. :-((

Am Abend des 21.2. war es dann soweit. Biikebrennen, das Sylter Nationalfest beginnt. Wenn sich die Dämmerung über die Landschaft senkt, streben zahllose Menschen zu den Sammelplätzen in den Sylter Ortschaften. Mit Pauken und Trompeten setzen sich die Fackelzüge in Bewegung. Musikvereine gehen mit klingendem Spiel vorweg.

Auch wir sind gut gerüstet und warten mit unseren Fackeln und Getränken am Wegesrand und schließen uns der Menge an.

Bald ist das Ziel erreicht, ein gewaltiger Stapel aus aufgeschichteten Tannenbäumen und Holzbalken. Nächtelang haben ihn junge Leute bewacht, damit ihn die Jugend aus den Nachbardörfern nicht etwas vorzeitig anzündet.

Nun aber darf sie brennen, die Biike. Ein Tusch, dann fliegt die erste Fackel ins Geäst, weitere folgen. Bald steht die Biike in hellen Flammen. Das Feuer prasselt, die Funken sprühen, die Flammen lecken in den Himmel. Es ist ein gigantisches Schauspiel und jagt mir Schauer über den Rücken.

Die Feuerwehr ist im unermüdlichen Einsatz, sie löscht den Durst der Menschen mit heißem Punsch. Alle schauen gebannt auf das Feuer. Wann fällt endlich die Tonne, die, auf einen hohen Pfahl gebunden, mitten im Feuer steht und steht und steht. Unsere Getränke sind längst alle, da steht sie immer noch die Tonne und trotzt den Flammen. Wir sind geflasht von dieser Feuersbrunst, es ist ein einmaliges Erlebnis! Tjen Di Biiki Ön! So beginnen die Festreden, die auf friesisch und hochdeutsch gehalten werden. Was ich als wichtigen Aspekt von der Rede des Bürgermeisters behalten habe, ist, dass in 2019 alles dafür getan werden soll, um für die Sylter auf ihrer eigenen(!) Insel wieder bezahlbaren Wohnraum zu schaffen! Wenn die Tonne in die Flammen stürzt, dann ist der Winter vertrieben!

Jedes Jahr lodern am 21. Februar mehr als 60 Feuer auf den Inseln und auf dem Festland in den Himmel. Die Ursprünge dazu liegen in grauer Vorzeit. Als heidnische Opfergabe sollten die zehrenden Flammen die Götter gnädig stimmen und symbolisierten zugleich den Glauben an die Naturkräfte. Als sich später im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Bewohner der Inseln als Seefahrer verdingten, verabredeten sich diese an den Feuern zur Abreise. Dem Vernehmen nach sollen sich dabei auch die Frauen der Seefahrer mit daheimgebliebenen anderen Männern an den Feuern verabredet haben. ;-)) Im 19. Jh, die Ära des Walfangs war zu Ende gegangen, wandelte sich die Bedeutung der Biike abermals. Seitdem stehen sie für die Zusammengehörigkeit und die Heimatliebe der Friesen, ebenso wie für die Vertreibung des Winters. Wenn die Biiken am Abend langsam verglimmen sitzt man gemütlich zusammen und isst das traditionelle Biike-Gericht: Deftiger Grünkohl mit reichlich Fleisch Wurst und Bratkartoffeln. Wir tun das in Rantum in den „Tiroler Stuben“. Übrigens, ein sehr empfehlenswertes Lokal! Hier gibt es neben hervorragendem Essen auch fassfrisches Gaffel-Kölsch aus original 0,2 Kölschgläsern. Sylt ist halt immer für eine Überraschung gut. War das Wetter bis dahin eher trüb, grau und regnerisch, wurden wir nach dem Biikebrennen mit herrlichem Sonnenschein belohnt.

Wir hatten ja auch die ganze Nacht geholfen, den Winter auszutreiben! Unseren letzten Tag verbringen wir am Strand bei einer Wanderung zum roten Kliff und Einkehr bei Gosch in Wenningstedt. Neben vielen köstlichen Fischgerichten sind die Süßkartoffel-Pommes mit Trüffelmayonaise der Hit!

Am Stellplatz gibts anschließend bei Reinhold und Sabine heißen Apfelwein.

Nach einem hervorragenden Abendessen bei Janke´s am Stellplatz, bei dem Erich, der kölsche Sylter, zur Hochform auflief,

luden Annemarie und Martin noch zu einem Absacker ins Wohnmobil. Die Beiden sind herzliche Gastgeber und geben alles! Sie sind gute Syltkenner und haben viele Tipps und Ideen für weitere Syltbesuche. Wir lassen eine abwechslungsreiche Woche in feuchtfröhlicher Atmosphäre Revue passieren.

Am Samstag verlassen wir diese sympathische Gruppe.

Auf dem Nachhauseweg düsen wir noch bei einem aufstrebenden neuen Stern am Wohnmobilhimmel vorbei. Wir fahren nach Strücklingen zum Reisemobilpark-Sagter-Ems mit dem neuen Besitzer, Lars Schober. Der Platz liegt am Ortsrand, ruhig, mitten im Grünen am Sagter-Ems-Kanal. Der Vorbesitzer hat aus Altersgründen aufgegeben. Die umliegenden Bewohner sind total froh, dass der Stellplatz weitergeführt wird und freuen sich auf die angekündigten Veränderungen. Und wir auch. Lars hat viele Ideen. Z.B. soll in der Folge eine Gastronomie mit leckeren Gerichten aus regionalen Produkten entstehen. Das veraltete Sanitärgebäude wird gerade aufwändig saniert. Der Stellplatz ist jetzt schon geöffnet.

An Ostern aber findet dann die offizielle Eröffnung mit einem unterhaltsamen Rahmenprogramm statt. Wir verbringen mit Lars und Stellplatzgästen einen feuchtfröhlichen Abend und lauschen gespannt seinen Plänen. Hört sich so an als würden wir jetzt öfter mal nach Ostfriesland fahren!

Zunächst aber machen wir uns ab morgen auf eine neue Reise, dieses Mal ohne Wohnmobil. Wir haben vor langer Zeit eine Übereinkunft geschlossen: Dort wo wir mit dem Wohnmobil nicht hinkommen, fahren wir mit dem Schiff. „Von Mauritius nach Kreta“ geht die Tour. Ich freue mich riesig auf unsere mitreisenden Freunde Betty und Werner, auf den warmen indischen Ozean, auf die Seychellen, auf Jordanien und den Suezkanal, auf Jerusalem und Bethlehem und und und…..

Nach unserer Rückkehr Anfang April werde ich über unsere Reiseerlebnisse der etwas anderen Art berichten!


2 Kommentare bei „„Biikebrennen“ auf Sylt“

  1. Saskia de Gruijter-Lorenz sagt: Antworten

    Wieder ein sehr schöner Bericht, herzlichen Dank.
    Also Sylt ist auch im Winter gut zu besuchen, gut zu Wissen.
    Euch wünsche ich eine tolle, interessante „Andere Reise“, die bestimmt auch wieder, erstmal für euch und dann für den Leser, sehr viel Neues bringt!! Freue mich jetzt schon …..
    Auch wenn ich nicht immer reagiere auf jeden guten Bericht von euch, bin ich froh den Newsletter von euch abonniert zu haben. Also, liebe Grüße aus dem sonnigen Selfkant, Saskia

    1. Danke für die „Blumen“…
      Außerhalb der Hautsaison ist Sylt wirklich toll
      Liebe Grüße zurück

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