„Bist du Dieter?“ fragt ein junger Militärposten bei der Weiterfahrt Richtung Westen. Die Kontrolleure sind sehr freundlich, zuvorkommend und noch ziemlich jung. Die Maschinenpistolen, die sie umhängen haben, sind fast so groß wie sie selber. Aus Respekt habe ich kein Foto gemacht, obwohl einer durch die Scheibe mit mir das Flirten angefangen hat. „Bist du Dieter“, wiederholt der junge Chef der Truppe. Dieter hatte vor lauter Überraschung noch nicht geantwortet. Die türkischen Militärkontrollpunkte sich tatsächlich sehr gut vernetzt. Sie haben alle ein Tablet in der Hand mit allen Daten, die an der Grenze aufgenommen worden sind. Anhand der Fahrzeugdaten fragen sie die Halter ab. Dieter bejaht nun die Frage, sie heben den Daumen hoch, zollen Bigfoot Respekt und winken uns weiter!
So cruisen wir gemütlich auf der D 300 durch eine phantastische Berglandschaft, frühstücken am Fluss Karasu und erfreuen uns an der Landschaft. In Elazig gehts den Berg hoch zur Burg Harput. Hier ist richtig was los, viele Urlauber in der Altstadt und um die Burgruine rum. Wir finden dank meinem Guide einen ruhigen Platz in einer Seitenstraße. Fragen die kurdische Familie, ob wir dort stehen dürfen, sozusagen in ihrem erweiterten Garten. Sie freuen sich und empfinden es als eine Ehre, dass wir ihre Gastfreundschaft genießen. Abend gibt es tolle Ausblicke ins Tal und alle Familien sind mit ihren Teekesseln und kleinen Grills auf dem Berg versammelt um diese Aussicht zu genießen. Bei unserer Abreise schenkt uns die Kurdin eine große Tasche mit Früchten aus ihrem Garten. Wie wunderbar zuvorkommend wir immer wieder behandelt werden!
Unterwegs sehen wir den Menschen bei der Tomatenernte zu. Hier gibt es keine hässlichen Gewächshäuser. Die Sträucher wachsen im Freien, sind von der Sonne verwöhnt und so schmecken sie auch. Für paar Pfennige kann man die prallroten Früchte am Wegesrand und auf den Märkten kaufen. Wunderbar!
Bald kommen wir an den Oberlauf des Euphrat und in den Nemrut Dagi Milli Park, der 1988 zum Nationalpark ernannt wurde. Der 2180 Meter hohe Nemrut gehört zum Taurusgebirge. Die Anfahrt ist lang, es geht immer steil und in engen Kurven nach oben, durch Dörfer mit Schlaglöchern in der Straße! Auf 2000 Metern Höhe können wir parken und übernachten.
Wir laufen die restlichen 2 Kilometer die Straße hoch bis zum Einstieg auf den engen Pfad, der für mich endlos lang erscheint. Angestrengt keuche ich über Geröll immer höher. Auf seinem Gipfel angekommen, erhebt sich eine monumentale Kombination aus Heiligtum und Grabstätte. (69-36 v. Chr.) auf jeder Seite des Berges. Das Heiligtum sollte Zentrum einer neuen Religion sein, die persische und griechische Mythologie vereinte. Die Jahrhunderte haben hier überall ihre Spuren hinterlassen. Die Köpfe der ehemaligen Könige stehen im Sand, ihre steinernen Königsstühle hinter ihnen. Wir gehen um die Ecke auf die Sonnenuntergangsseite. Auch hier sind die steinernen Köpfe nicht mehr auf ihren Figuren.
Wir erleben einen grandiosen Sonnenuntergang und können uns dem mystischen Flair des heiligen Berges nicht entziehen. Wir bleiben solange es geht dort oben sitzen.
Dieser grandiose Sonnenuntergang, hier oben, gehört zu den Dingen, die man einfach mal gemacht haben muss im Leben!
Am nächsten Morgen spüre ich die Bergwanderung noch sehr in meinen Knochen. Auch Bigfoot spürt irgendwas in seinen Knochen. Der Motor bringt fast keine Leistung mehr. Beim Berg runter fahren, merkt man es noch nicht so sehr. Wir sind mitten im Taurusgebirge, wo viele Passstraßen noch auf uns warten. Oh je, was wird das werden. Der Motor geht in den Notbetrieb, wir kriechen mit 20 Stundenkilometern die Berge hoch. Ich finde in Google Werkstätten, dazu müssen wir leider in das Erdbebengebiet fahren, was wir eigentlich vermeiden wollten. In Adiyaman und Malatya gibt es Iveco Werkstätten, die Monteure können uns aber nicht weiterhelfen.
Alle sind freundlich reichen Tee und Essen und palavern. Sie lesen die Fehler aus und erzählen nebenbei wie furchtbar das Erdbeben sie alle getroffen hat. Manch einer hat bis zu 20 Angehörige verloren. Viele der riesigen Hochhäuser stehen noch, mit Rissen durchzogen, die sie unbewohnbar machen. Es sind erschreckende Bilder, die du nicht so schnell aus dem Kopf bekommst. Und dazu noch das Motorenproblem, das uns weiter durch das phantastische anzusehende Gebirge schleichen lässt. Ich kann heute beim Schreiben gar nicht begreifen, dass wir nicht durchgedreht sind. 600 Kilometer mit 20 kmh bergauf und bergab bei 35° obwohl wir auf 1500 Metern Höhe fahren.
In Darende machen wir eine Pause, besichtigen den Canyon durch den ein kühler Fluss fließt. Hier gibt es Badestellen, tageweise nur für Frauen. Am Eingang muss ich das Handy abgeben, damit keine „anrüchigen“ Bilder irgendwo gepostet werden. Dieter muss draußen auf mich warten. Anschließend gibt es leckeren Chai in einem Lokal wo man die Füße ins Wasser tauchen kann. Herrlich erfrischend!
In Kayseri endlich wird uns geholfen. In einer hypermodernen großen Iveco Werkstatt entdeckt man den Fehler. Kaum sind wir angekommen, wurde sich sofort gekümmert. Erstmal die deutsch sprechende Frau des Chefs an das Telefon geholt! Dann tauchen die Monteure in den Motorraum ein um nach nach wenigen Minuten strahlend das Ergebnis zu verkünden! Der Schlauch vom Turbolader ist unten drunter gerissen und nicht wie vorher in den kleinen Werkstätten immer wieder vermutet das AdBlue-System defekt! Wir werden im klimatisierten Empfangsraum bewirtet und zum Mittagessen eingeladen. Das Ersatzteil wird von irgendwo her besorgt. Nach 4 Stunden ist alles repariert. Wir müssen nichts bezahlen. „Iveco Türkei“ verrechnet die Garantieleistung mit der europäischen Iveco-Vertretung. Wir sind völlig platt, ob dieser kompetenten Handlungsweise. Überhaupt von dem ganzen Vorgehen kann sich in Deutschland manch eine Werkstatt ein Beispiel nehmen. Wir jedenfalls fahren hochachtungsvoll und glücklich vom Hof.
Dabei singe ich voller Glück das Lied der Gruppe Döf: „Und wir düsen düsen düsen im Sauseschritt……
Bald darauf stehen wir in der sympathischen Stadt Avanos in Zentralanatolien auf 1000m Höhe am Fluss und lassen das Ganze Revue passieren. Das Gefühl wieder richtig Gas geben zu können, ist für meinen Fahrer wie ein Sechser im Lotto. Wir treffen hier auf einige andere Wohnmobile, die die Kühle des Flusses genießen. Unser Nachbar zur Rechten, ist ein Deutsch-Türke aus Aachen. Er liebt das Wohnmobilleben, seine türkische Frau nicht. So finden sie einen Kompromiss. Sie bleibt bei Verwandten in Istanbul und er fährt einige Wochen durch sein Heimatland. Danach gehts zusammen wieder nach Deutschland! Am nächsten Tag spricht mich eine ältere Frau an. Sie kommt aus Düren, lebt aber seit 10 Jahren mit ihrem türkischen Mann in Alanya im Süden der Türkei. Dort ist es jetzt zu heiß, deshalb kommen sie im Sommer mit dem Wohnmobil ins Taurusgebirge.
„Hier kann man günstiger leben von der Rente und hat immer schönes Wetter“, erzählt sie mir. So hat jeder seine Geschichte!
Auf der Verbindungstrecke zwischen Avanos und Göreme unserem nächsten Ziel liegt Çavusin. Der alte Ort beherbergt eine der ältesten Höhenkirchen von Kappadokien, die Johanneskirche, auch Täuferkirche genannt. Sie wurde im 5. Jh errichtet. Ein erhabener Anblick. Wir laufen ehrfürchtig durch das alte Gemäuer. Auch die ersten für diese Gegend typischen Feenkamine kommen in Sicht. Gemeint sind Kalksteinreste, deren harter Kern über die Jahrhunderte erhalten geblieben ist und die die wunderbarsten Steinformationen hervorbringen.
Jetzt freuen wir uns auf die Region Kappadokien mit ihren Ballonfliegern und weiteren Feenkaminen! Alles dazu gibt es im nächsten Teil!
Immer wieder schön zu lesen! ♂️
Vielen Dank für den tollen Bericht und die SUPER Fotos!
Herzlichen Dank! In einem tollen Land kann es nur solche Fotos geben! :-))
Danke, liebe Reisefreundin, wunderschöne Berichte & Bilder
Ich freu mich immer von Dir zu hören!