Portugal: Der Westen; Porto und das Dourotal

Porto-Amarante-Peso da Régua-Pinhao-Viseu-Arganil (290km)

 

Unser netter Stellplatz direkt am Atlantik in Vila do Conde verabschiedet sich mit einem wunderbaren Sonnenuntergang von uns und macht den Abschied damit nicht leichter. Insbesondere das imposante Aquädukt und Wahrzeichen der Stadt beeindruckt uns wieder aufs Neue.

 

Die 30 km nach Porto sind schnell gefahren. Puh, sind da viele Touristen in der Stadt.

Unser Wohnmobil ist sicher untergebracht. Wir haben  entschieden, zwei Tage auf den Campingplatz der Gemeinde Vila Nova de Gaia, vor den Toren Portos, zu verbringen. Denn ab und zu braucht Dirty Harry mal richtigen Strom und die Besatzung auch mal ein wenig Grün vor der Tür, wo man sich nach Herzenslust ausbreiten kann. In Portugal ist es fast überall erlaubt auf Parkplätzen, am Strand, oder wo man gerade ist, auch zu übernachten. Allerdings soll möglichst kein Campingleben, so wie man das kennt, Stühle und Tische raus, Füße hoch und grillen, stattfinden. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl kommt man mit diesen Situationen zurecht. So gehen wir z.B. mit unserer Couch halt an den Strand und schauen dabei aufs Meer. Unser Campingplatz, „Parque de Campismo de Salgueiros“, ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber er hat alles was man braucht. Für 7 Euro am Tag inclusive 10A Strom, wo sonst andere Campismo 25 Euro nehmen, kann man sich hier super wohlfühlen. In den einschlägigen Medien wird der Platz ziemlich verrissen, was wir nicht nachvollziehen können.

 

Die Bushaltestelle ist vor der Tür. Man steigt ein und ist ca. 25 Minuten später am Busbahnhof von Porto, in der Oberstadt sozusagen. Von dort aus kommt man überall hin. Alleine die Busfahrt an sich ist schon ein Erlebnis. Der Bus hält ungefähr jede Minute (wir haben 26 Stopps gezählt..), damit möglichst viele Menschen auf der Strecke davon profitieren. Auch fährt er durch die kleinsten Straßen. An manchen Engstellen, wo der Fahrer wirklich unbeeindruckt hindurch donnert, passt manchmal keine Hand mehr zwischen Mauer und Bus. Man ist versucht, im Anschluss an so eine Nadelöhrfahrt zu applaudieren. 

Porto hat ca. 238000 Einwohner und ist die ewige Zweite hinter dem schönen Lissabon. Sie ist die Metropole des Nordens, idyllisch an der Douromündung gelegen und braucht sich nicht zu verstecken. Sie hat quasi das liebliche Tal des Weinbaugebietes Douro im Rücken und den Atlantischen Ozean direkt vor der Nase. Ihr historischer Kern, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, dominiert mit seiner bunten Häuserfront das steile rechte Ufer des von sechs Brücken überspannten Rio Douro. Mit dem Bus fährt man über eine der Brücken und ist schon fasziniert von dem Anblick, der sich von oben bietet.

 

 

 

 

 

Im hellsten Sonnenlicht erstrahlen auf der einen Seite des Flusses, die bunten Häuser der Altstadt, die Burgruine und die große Kathedrale; auf der anderen Seite des Flusses reihen sich die Portweinkellereien aneinander. In der Mitte verbindet ein weiteres Meisterwerk von Gustave Eiffel die beiden Flussufer, eine Doppeldeckerbrücke.

 

 

 

Oben fährt die U-Bahn, Fussgänger haben links und rechts breite Gehwege, unter fahren die Autos und die Fußgänger haben ebenfalls die Möglichkeit der Überquerung. Allein dieser Anblick des Stadtbildes gibt Porto seine Einmaligkeit. 

 

 

 

 

Da wir in der Oberstadt mit dem Bus der Linie 15 angekommen sind, führt unser Weg über den oberen Brückenteil rüber zu den Portwein-Kellereien. Mit viel Phantasie ist der typische Kellergeruch schon in der Nase. :-)) Bei unserem letzten Besuch 2014 hatten wir im Programm der „Genussreise“ eine Führung mit Verkostung in einem der bekanntesten Portweinkeller, bei Sandeman.

 

Dort haben wir viel über die Herstellung  gelernt und erste Versuche gestartet, die Unterschiede der verschiedenen Traubensorten, Lagerungszustände und Alter herauszuschmecken. Danach haben wir noch einige Kellereien wie z.B. Ferreira, selber aufgesucht. Die Zeit hatte nicht mehr gereicht für einen der Geheimtipps im Portweingeschäft, der Kellerei Burmester. Mein Mann hatte das nicht vergessen und ist zielstrebig auf den Laden zugegangen. Wir haben eine 5-er Probe genossen.

Danach steuern wir die engen Gassen der Altstadt an und beginnen wieder mit dem Aufstieg in den oberen Teil der Stadt. Sofort ist man von dem morbiden Charme der alten Stadt gefesselt.

Gleichzeit fällt auf, wenn man so um die Ecken schaut, wie an vielen Stellen ganze Häuser verfallen. Man denkt sofort daran, dass ja Portugal zu den ärmeren Ländern in der EU gehört. Das ist aber nicht der Grund, warum in Porto aber auch in anderen Städten des Landes so viele Häuser alt, windschief und vernachlässigt aussehen. Unwillkürlich denkt man, oh Gott wie kann man das nur zulassen. Ich komme nochmal auf unsere Genussreise zurück; hier hatten wir bei einem unserer Ausflüge eine engagierte deutsche Reiseleiterin dabei, die der Liebe wegen nach Portugal gekommen ist, schon lange hier lebt und sich tiefergehend mit den wirtschaftlichen Zusammenhängen des Landes auseinandergesetzt hat.

Für sie war es sehr wichtig, dass wir die Gründe für den Häuser-Zerfall kennen. In Portugal gab es ein Gesetz, welches das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter regelte und zwar sehr mieterfreundlich.  Es gab ein unbefristetes Mietrecht, bei Wohnraum sozusagen „auf Lebenszeit“ . Außerdem waren die Mieten sehr gering, was darauf zurückzuführen war, dass während eines langen Zeitraums die Mieten gar nicht, und später nur am Inflationsindex gemessen, erhöht werden durften. Den Eigentümern/Vermietern wurde es damit sehr schwer gemacht über ihr Eigentum zu verfügen und es entsprechend instand zu halten. Entweder hatten sie keinen Zugriff darauf, weil es aufgrund der unbefristeten Dauer der Mietverträge unmöglich war einem Mieter den Mietvertrag zu kündigen, und/oder die Mieten waren so gering, dass sie die finanziellen Mittel für eine Sanierung ihres Eigentums nicht aufbringen konnten. Diese Art der Mietverhältnisse schreckte auch ausländische Investoren ab.

Im Rahmen der zahlreichen Reformen in Portugal wurde endlich das Gesetz in 2012 geändert, die alten Mietverhältnisse bleiben unangetastet. Seitdem wird investiert und es entstehen um die größeren Städten immer mehr Neubauten. 

Genug gegrübelt, bei dem herrlichen Wetter lassen wir in einer typischen Szenekneipe unweit der Rua de Flores den Abend ausklingen und fahren weinselig mit dem Bus wieder zum Campingplatz.

 

 

Am nächsten Tag lockte der Strand vor unserer Haustür, wir machten einen flotten sportlichen Walk am Strand entlang. Die Promenade in Vila Nova de Gaia ist neu gestaltet, breite Boardwalks für die Fußgänger, breite Fahrradwege, die Autos fahren weiter oben. Es gibt viel zu sehen, dementsprechend flott geht es voran.

 

Ehe wir uns versehen, sind wir im Hafen von Porto angekommen und laufen an der Flussmündung entlang Richtung Stadt.

 

 

Es ist Mittagszeit, In dem kleinen Hafenviertel werden die Grills auf der Straße angeworfen, es raucht überall, als würde etwas brennen. Dabei werden die köstlichsten Fische auf die Grills gelegt. Sardinen in Salzkruste, Dorade mit Kräutern, Tintenfische und Lachs kommen dazu.

 

 

Wir können nicht widerstehen und setzen uns zu den Leuten in ein kleines Lokal auf der Ecke. Niemanden stört es, dass wir in Joggingkleidung sind.

 

 

 

Wäre bei uns undenkbar. Überhaupt will ich an dieser Stelle mal erwähnen, wie die Portugiesen, mit denen wir zu tun haben, mit uns umgehen. Sie merken schnell, dass wir nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln nichts weiter in ihrer Sprache zu bieten haben. Die jüngeren Leute gehen sofort über ins Englische, mit den anderen gehts mit Händen und Füßen und viel Geduld. Alle haben Spaß, nichts bringt hier einen aus der Ruhe. Das ist sehr wohltuend. Wenn die Unterhaltung intensiver werden soll oder muss, z.B. wenn mein Mann auf dem Markt mit der Marktfrau über ein Rezept beratschlagt, dann hilft die „Sprechfunktion“ im Übersetzungsprogramm. Hier sind die modernen Medien schon sehr hilfreich. Im Übrigen hatten wir nach dieser ausgeprägten Walking-Runde 15 km auf der Uhr. Da kam der tolle Strand gerade richtig für eine kleine Abkühlung.

Wir haben vor der Einreise nach Portugal Wohnmobilsten getroffen, die Portugal wegen der angeblich komplizierten „Mautsysteme“ auf der Autobahn meiden. Das hat uns etwas verunsichert. Die Erfahrung ist eine andere: Entweder gibt es eine Registrierung mit Kennzeichen und Kreditkarte (eine solche Station haben wir bei dieser Reise bisher nicht erwischt, da wir seit der Einreise viel Landstraße gefahren sind) oder man zahlt direkt (Ticket ziehen, bei Ende des kostenpflichtigen Abschnitts zahlen…klappt wie anderswo auch super) oder es wird eine elektronische Erfassung für den nächsten Autobahnabschnitt angezeigt. Da wir bisher nicht registriert sind, heißt das z.B. an der nächsten Autobahn-Tankstelle eine „Wertkarte“ kaufen 5,10,20 oder mehr Euro, je nach dem, wie man Autobahnfahrten einplant, Nummer freirubbeln und mit Kennzeichen per SMS an den Betreiber schicken, Antwort kommt prompt und die Abschnitte werden elektronisch abgebucht! 

 

Es macht tatsächlich Sinn, ab und an die nicht sehr teure Autobahn zu nutzen, wenn wir zügiger das nächste Ziel erreichen wollen. Das wird aber die Ausnahme bleiben!

Wir wollen unbedingt noch in das Douro-Tal, zumindest den Teil des UNESCO Weltkulturerbes durchfahren. Es soll sich wegen der Weinterrassen und Flusspanoramen um eine der schönsten Fahrstrecken und Landschaften Europas handeln. Bei unserer letzten Reise war es schon Anfang Dezember und die Weinstöcke kahl. Jetzt hoffen wir noch die farbigen Rebstöcke zu erleben.

Für die Anfahrt empfiehlt unser wirklich guter Reiseführer, Zeit und Nerven zu sparen und die ca. 60 km bis Amarante die Autobahn zu nutzen (manuell zahlbar, für uns Klasse 2, 7,15 €). Auf geht’s…. aber vor der Einfahrt ins Douro-Tal liegt die sehenswerte Kleinstadt Amarante. Das Stadtbild von Amarante ist ein perfektes Postkartenmotiv. Die Symbiose aus mittelalterlicher Bogenbrücke, grün schimmernden Fluss und dem 500 jährigen Kloster im Hintergrund ist den Besuch alle mal wert.

 

 

 

 

 

In der Altstadt erwarten uns mehrere gastronomische Besonderheiten:

Eine kleine urige Tapes-Bar in der Rua 31 de Janeiro, wo wir Wurst, Räucherschinken und würzigen Käse zum Vinho Verde blanco genießen… übrigens für kleines Geld (2 Personen 13,-€)

 

Gegenüber, die älteste Bäckerei der Stadt mit viereckigen Holzofenbrötchen (findet man sonst in ganz Portugal nicht) und abschließend zu Dona Maria in die Adega Kilowatt. In dieser ältesten Taverne der Stadt gibt es schmackhaften Schinken und mehr… Den seltsamen Namen hat die Taverne vom Gründer, der gleichzeitig Stromabrechner der örtlichen Energiegesellschaft war!

 

 

Am Rio Tamega (ein Nebenfluss des Douro) entlang wandern wir zurück zu unserem Wohnmobil, da wir heute noch unser Tagesziel in Peso da Regua erreichen wollen.

 

 

Wir übernachten direkt am Douro in Peso da Regua und fahren am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein auf der rechten Seite des Douro bis nach Pinhao.

 

 

Auf beiden Seiten des Flusses haben die renommierten Portwein-Quintas ihre Weinberge.

 

 

Wir denken zwar im ersten Moment, dass wir irgendwo an Rhein oder Mosel fahren, schaut man aber in die Höhe wird einem etwas schwindelig. Das Dourotal prägt sich ein durch seine hohen Lagen und den besonderen terrassenförmigen Weinanbau. Dort kann kein Vollernter durchfahren.

 

 

 

Pinhao haben wir deshalb ausgesucht, weil es zum einen ein schöner Ort ist, der mit einem außergewöhnlich gestalteten Bahnhof angeben kann. Wunderschöne Kacheln zieren das alte Bahnhofsgebäude.

 

 

 

 

Zum anderen gibt es dort einen Aussichtspunkt auf den Teil des Dourotals den die UNESCO als Weltkulturerbe deklariert hat. Das Douro-L ist dort zu sehen. Hinter Pinhao geht es steil bergauf, nichts für schwache Nerven. Oben angekommen wird es im Dorf Alijó nochmal richtig eng, bis wir am Aussichtspunkt, wo mein Fahrer auf einer Briefmarke drehen muss, ankommen. Die Bewohner im Dorf sind einiges gewohnt, sie winken dich durch, lassen die Außenspiegel an ihren Balkonen kratzen und wundern sich insgeheim bestimmt, warum die Touristen sich hier hoch quälen.

 

 

Der Ausblick entschädigt uns für alles. Ich kann nicht aufhören zu fotografieren.

 

 

 

 

 

 

 

Schon den ganzen Weg lang geht das so. Ich musste dabei an die Frohmut denken. Sie veröffentlichte gerade einen ihrer Reiseberichte aus Schottland. Dort beschrieb sie so schön, dass sie jedes Schaf fotografiert. So ähnlich geht es mir als ehemalige Winzerstochter, ich fotografiere fast jeden Weinstock. Damit will ich nicht sagen, das Frohmut eine ehemalige Schafhirtin ist. Aber lest selber unter www.stranddeko.com was ich meine.

Wir sind erfüllt von diesem Abstecher in die Höhe und fahren nun in Richtung Süden. Die interessante Stadt Viseu lassen wir für dieses Mal mal links liegen, Coimbra mit seiner berühmten Bibliothek kommt später dran. Mein Mann will, bevor wir wieder an die Küste abbiegen, noch auf das „Dach Portugals“, auf den Torre, den höchsten Berg des Landes. Dazwischen sind wir  „Irgendwo im Nirgendwo“ im Südwesten des Landes in Arganil auf einem Gemeindestellplatz gestrandet. Hier genießen wir in einer kleinen Quinta ein leckeres Menü und den Hauswein, freuen uns über die Gastfreundschaft und die kleinen Preise.

Der ehem. Bürgermeister hat mit langem Atem und viel Durchsetzungsvermögen einen Stellplatz anlegen lassen, der sich sehen lassen kann.

 

 

Die Geschichte erinnert uns an zu Hause, wo ja auch an vielen Orten engagierten Menschen, die Stellplätze bauen wollen, Steine in den Weg gelegt werden. Übrigens, das kleine Lokal steht in keinem Reiseführer und ist deshalb noch ein Geheimtipp -:))

So jetzt aber auf  in das „Sternengebirge“ in die „Sierra da Estrel“. Leider ziehen schon die ersten Wolken rein, na mal sehen…

Ein Kommentar bei „Portugal: Der Westen; Porto und das Dourotal“

  1. Servus Ihre Beiden,
    macht immer wieder Spaß, Euern interessanten und lesefreundlichen Bericht mit vielen tollen Bildern zu lesen. Viel Spaß weiterhin und

    Keep on Running,
    Toni & Beate

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