Portugal: Der Süden; Die Algarve zwischen Schönheit und Kommerz

Sagres-Figueira-Salema-Lagos-Alvor-Portimao-Armacao de Pera-Albufeira (ca.100km)

 

Vor uns liegt die vielleicht bekannteste Ferienregion Portugals, die Algarve! Sie ist die südlichste und kleinste Region Portugals. Sie war 200 Jahre länger in arabischer Hand als das restliche Land und wurde als letzte Provinz in das Königreich integriert. Das Wort Algarve leitet sich vom arabischen „Al Gharb“ (der Westen) ab und der kulturelle Einfluss der Mauren hat hier viele Spuren hinterlassen. Da freut sich mal wieder mein geschichtliches Herz und wir bekommen sicherlich hier und da einen Vorgeschmack auf unser nächstes Etappenziel Marokko. Die Entfernung zwischen Sagres im Westen und der Grenzstadt Vila Real de Santo António im Osten beträgt nur 160 km. Wir wollen uns die Region ganz in Ruhe ansehen und die vielen schönen Strände und Orte besuchen. Daran, dass viele andere Wohnmobilsten das gleiche Ziel haben und wir uns immer erst in den Orten durch die touristischen Bettenburgen und Hochhäuser bis an den Strand oder den Hafen kämpfen müssen, gewöhnen wir uns schon noch. In Sagres überwinden wir den ersten Schock am Leuchtturm, am Cabo de Sao Vicente. Völlig zugeparkt nehmen wir unser Frühstück ein. Das hatten wir uns romantischer vorgestellt. Dieter hat dennoch einen ersten Rundgang über die steile Felslandschaft gemacht und es geschafft, die vielen Besucher aus dem Bild zu halten.

 

Wir tanken, schauen uns nochmal die den Ort prägende Festung auf der Felsspitze an

 

 

 

und fahren an den ersten schönen Strand direkt am Ortsende von Sagres. Dort treffen wir wieder mal auf viele Surfer mit ihren Bullis oder Kastenwagen. Sie sitzen oberhalb der Klippen in der Sonne, schauen ihren Kumpels beim Wellenreiten zu, trinken leckeres Sagres Bier und hören coole Musik.

 

 

Ich setze mich eine Runde dazu und spätestens bei dem Lied von der Gruppe America „In the Desert with a Horse with no Name“, ist meine gute Stimmung wieder da. Wir und die vielen Anderen werden uns schon arrangieren. :-)) Zu schön sind diese wunderbaren Strände mit den typischen Kalksteinfelsformationen.

 

Wir finden einen sympathischen Wohnmobilstellplatz in einem kleinen Ort hinter Sagres. Figueira, ein kleines noch recht typisches Algarvedorf hat außer diesem recht neuen Stellplatz (www.figueiracaravanpark.com) noch einen bezaubernden versteckten Strand zu bieten, den man nur zu Fuß erreichen kann. Wunderbar! Und schon sind wir versöhnt;  es gibt also zwischen den touristischen Hochburgen noch solche Kleinode.

 

Wir verbringen einige Tage hier, wandern die zwei Kilometer in diese idyllische Bucht und genießen die leeren Strände und die Brandung der Wellen in der Sonne. 

 

 

 

 

….Robinson lässt grüßen….

Morgens kommt eine Frau auf den Stellplatz und verkauft ihr selbstgebackenes Brot. Das Grundrezept sagt sie, stammt aus Deutschland. Oh, wie ich mich freue. Ich esse Brot für mein Leben gern. Wir kommen mit unseren Nachbarn ins Gespräch, die schon seit August unterwegs sind, inzwischen fünf Länder bereist haben und immer weiter ziehen. Sie haben ihre Jobs gekündigt und sich einen finanziellen Plan bis zur Rente zurecht gelegt. Wie sagt man so schön: „Jeder nach seiner Fasson“! Sie hatten gerade ihr erstes Erlebnis mit der Polizei, die sie frühmorgens aus dem Schlaf geklopft hat, hinter sich. Wir befinden uns immer noch im Naturpark „Costa Vincentina“; hier ist das Übernachten auf den Strandparkplätzen nicht erlaubt, viele Wohnmobilisten halten sich nicht daran. Die Strafen sind teilweise saftig. Nur so bekommen die Behörden, die weiße Armada, wie sie „uns“ nennen, in den Griff. Ich kann das Vorgehen gut verstehen. Es gibt genügend Stell- und Campingplätze, man muss sich nur ein wenig ins Hinterland begeben. Und zu viel Geld muss man hier nicht bezahlen. Dieser nette Platz in Figueira kostet 7 Euro am Tag, dazu kommt Strom nach Verbrauch. Wenn man nur eine Woche bleibt, wird nur noch die Hälfte berechnet!

Wir ziehen dennoch weiter, denn es gibt noch viel zu entdecken. Die N 125 führt uns weiter Richtung Osten und wenn man in die Orte abbiegt, reiht sich ein Strand an den nächsten. Jeder Ort nimmt für sich in Anspruch den schönsten Algarve-Strand sein eigen zu nennen. Natürlich überbieten sich auch die Reiseführer im Anpreisen der Strände. Ich möchte auch an jeden Strand, da streikt mein Fahrer. So einigen wir uns auf einige Schwerpunkte. Auch wenn wir augenscheinlich viel Zeit haben, so läuft sie doch stetig weiter. Wir kommen kurze Zeit später in das schon ziemlich touristische Salema

und an die Praia de la Luz. Wunderbarer Strand, wir laufen eine Runde lassen uns von den Wellen ein Lied singen

 

 

 

und fahren weiter nach Lagos dessen langer Strand bis an den vom nächsten Ort, Alvor heranreicht. Wir stellen fest, dass es sich mit der Ortsarchitektur so verhält wie mit den Stränden. Es gibt einen gemütlichen Ortskern, darum herum entstehen Feriensiedlungen, Hotels und Eigentumswohnungen für Menschen, die den Winter hier verbringen. Oft im ländlichen Stil gehalten, zeugen aber auch viele Hochhäuser vom boomenden Tourismus. Wir freuen uns, dass wir nicht in einer der Bettenburgen absteigen müssen, sondern mit unserem Wohnmobil einen Parkplatz in Strandnähe anfahren können.

 

 

In Alvor z.B.  kann man stundenlang über befestigte Holzwege spazieren und die drei Felsnasen, die dort aus dem Meer ragen, bewundern. Sie werden die „Drei Brüder“ genannt und geben dem Strand seinen Namen. „Praia dos Tres Irmaos“.

 

 

 

 

Es ist schon etwas später und so beschließen wir hier zu übernachten und den Sonnenuntergang auf unserer Couch am Strand zu genießen.

 

Hier treffen wir auch ein Wohnmobil aus Pinneberg wieder, denen wir schon häufiger begegnet sind. Jette und ihr Mann fahren schon viele Jahre den Winter über nach Portugal und weiter nach Marokko, dort bis an die mauretanische Grenze. Sie wollen immer kostenlos und frei stehen und bedienen sich der App „Park4Night“. Sie beschließen auch auf dem Parkplatz am Strand zu bleiben.

 

Hier ist Parken und Übernachten geduldet, aber nicht das Campen. Und wieder halten sich viele nicht daran. Der Spanier vor uns hat sein Wäsche-Reck ausgepackt und die Frau hängt die Wäsche dort auf. Franzosen stellen ihre Campingtische zusammen auf und grillen dort. Heute ist die Polizei am Strand und macht dem schnell ein Ende. Es sind sehr sympathische Polizisten, die uns in einem längeren Gespräch ihre Lage schildern, auf ihre Bestimmungen hinweisen und dennoch versuchen eine Lösung für alle zu finden. Diejenigen, die sich ausgebreitet haben, werden auf die umliegenden Stell-und Campingplätze verwiesen.

 

 

Wir haben einen schönen Abend und trinken noch auf Jette´s Geburtstag, der noch nicht lange zurückliegt.

 

Am nächsten Tag besuchen wir Portimao. Die Stadt ist mit knapp 40.000 Einwohner nach Faro die zweitgrößte Stadt an der Algarve. Wir kämpfen uns mit Dirty Harry durch den Hochhausdschungel und fühlen uns kurzfristig wie in Miami im letzten Jahr.

 

Aber Portimao hat das Ganze dennoch einwohnerfreundlich gelöst. Alles in der Farbe Weiß gehalten, breite Straßen und eine Strandpromenade, die keine Wünsche offen lässt. Wir sind hauptsächlich hergekommen um gegrillte Sardinen zu essen. Eine Lokalempfehlung sollte uns das Auswählen aus unzähligen Restaurants erleichtern. Tja, leider hatte das Restaurant, „Dona Barca“, Betriebsferien.

 

So ließen wir uns treiben und finden im Hafen ein wunderbares Fischlokal, „Restaurante Meco“ essen die besten Sardinen ever, bekommen vom Chef des Hauses noch einen Mandellikör mit auf den Weg, und bewundern noch obendrein die mit Kunstwerken geschmückte Promenade von dieser, trotz ihrer Größe, ruhigen und freundlichen Stadt.

 

 

 

Auch der Strand von Portimao kann sich sehen lassen. Die „Praia do Vau“ und die sich anschließende „Praia dos tres Castolos“ sind typische Algarve-Felsenstrände. Man kann sich nicht sattsehen, an den Wellen die sich an den Kalksteinfelsen brechen.

 

 

 

 

 

 

 

Jetzt wird es aber langsam Zeit, dass wir für einige Zeit seßhaft werden. Wir haben uns einen Wohnmobilstellplatz etwas im Hinterland vom Armacao de Pêra ausgesucht.  „Mikki´s Place to Stay“ erwies sich als gute Wahl. Wir kamen auf einen besonderen, kunstvoll und kreativ gestalteten Stellplatz mit Galerie, Garten und einem Naturpool des Künstlerpaares Hassoldt-Fredericks. (www.mikki-place-to-stay.com)

 

 

 

 

 

Der Platz ist gut gefüllt. Später erfahren wir von unseren belgischen Nachbarn, dass viel Dauercamper insbesondere aus den Niederlanden hier ganzjährig wohnen. Viele, auch einige Deutsche haben zu Hause alles verkauft und leben hier im günstigen Portugal. Es ist immer wieder interessant welche Lebensmuster die Menschen denen man begegnet so haben. Viele Plätze werden hier vorreserviert, so auch unser XL Platz. Er ist für eine Woche noch frei, das passt für uns genau. Wir staunen über dieses kreativ angelegte Fleckchen Erde, inmitten von Kiwi-und Korkeichenplantagen. Hier haben sich die Künstler eine eigene kleine Welt geschaffen und die Camper danken es ihnen. Es gibt ein nettes „Gemeindehaus“, hier kann man essen, trinken, Billard spielen oder sich auch nur treffen.  Mir fiel gleich spontan ein, hier ist es so ähnlich, wie im Urbachtal, bei Doro und Klaus Hünerkopf, nur auf protugiesisch. :-))

 

Es werden außerdem Yogastunden angeboten. Friseur und Arzt kommen zu vereinbarten Stunden vorbei und es gibt einen Transport zum Flughafen nach Faro. An mehreren Abenden wird gekocht, wir haben uns hier gerne verwöhnen lassen. Das Wetter ist super, wir packen unseren Motorroller aus und erkunden die Gegend. Viele andere Camper haben ihr kleines Auto dabei, oder mieten eines im nahe gelegenen Albufeira. Wir fahren nach Silves. Die Gassen und Plätze der Stadt erzählen vom maurischen Erbe und das mächtige Castelo Mouro wacht hoch über der Stadt. Ein geschichtsträchtiger Ort, mit engen Altstadtgassen, die zum Bummeln einladen. Wir fahren durch große Apfelsinenplantagen zurück und wollen irgendwann wiederkommen.

 

 

Die Plantagen hängen voll Apfelsinen, dieser besonders süßen Sorte der Algarve. Wir lernen das der Haupternte-Monat der Januar ist.

Die Stadt ist lohnenswert. In der Abenddämmerung kommen wir an dem berühmten Sandskulpturenpark Fiesa in der Nähe unseres Stellplatzes in Pera vorbei. Der Park ist seit ein paar Tagen geschlossen. Alles ist durch hohe blickdichte Zäune geschützt. Wir hätten ja gerne den geforderten Eintritt bezahlt, können aber jetzt nur wie die Hühnerdiebe außen rum schleichen und auf einen kleinen Hügel klettern, von dem aus wir einen Blick ins Innere werfen können.

 

 

 

Unglaublich was Künstler aus Sand alles zaubern können. Seit 2003 findet hier jährlich das weltweit größte Sandskulpturen-Event statt. Auf 15.000 Quadratmetern verwenden etwa 60 Künstler 35000 Tonnen Sand, um 50 Kunstwerke herzustellen. 

Einer der schönsten Küstenwanderwege der Algarve, die Rota dos 7 Vales Suspensos, verläuft in Naturpfaden über 5,7 km über die Felsvorsprünge hoch über dem Meer. Der Weg führt über 7 „hängende Täler“ die so genannt werden, weil die vor Millionen von Jahren geformte Kalksteinküste an sieben Stellen durch tiefe Einschnitte unterbrochen wird. Wir fahren mit dem Motorroller die ca. 15 km an den Ausgangspunkt im Ort Alporchinhos  und dort zur Felsenkapelle Nossa Senhora da Rocha. Die malerische Wallfahrtskirche „Unsere Frau des Felsens“ trotzt auf einem 35 m hohen, schmalen und ins Meer ragenden Felsvorsprung Wind und Wetter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Wanderweg ist einmalig. Die Sonne scheint, es gibt herrliche Ausblicke auf einsame Buchten, die Büsche am Wegesrand verströmen einen wunderbaren Duft, die frische Meeresbrise trägt mit dazu bei, dass wir nach dem 12 km Rundweg abends tief und fest schlafen.

 

Der erste Eindruck von dem ebenfalls in unserer Nähe liegenden Armacao de Pêra, sind die von Apartmenttürmen gesäumte Stadtalleen, ähnlich wie in den anderen Orten auch.

 

 

 

Der Hausstrand allerdings ist von einer schönen Flaniermeile gesäumt. Der besondere Blickfang sind die bunten Fischerboote dort und die Fischer, die in ihren Arbeitshütten vor den weißen Hochhäusern ihre Netze ausbessern.

 

 

 

Das ist ein besonderer Kontrast. Die Woche hier in der Gegend vergeht wie im Flug. Wir werden zu „Mikkis Place to stay“ auf jeden Fall irgendwann zurückkehren.

 

Weiter gehts nun nach Albufeira, nicht ohne vorher einen kleinen „Versorgungsschlenker“ über den Supermarkt zu fahren. Dort gibt es auch Waschmaschinen, so schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.

Albufeira wird auch „Ballermann“ der Algarve  genannt. Insofern waren wir sehr gespannt auf diese touristische Hochburg. Unser Wohnmobil hatten wir sicher auf dem nahegelegenen großen Campingplatz untergebracht.

 

Von dort führte ein schöner Fußweg die zwei Kilometer bis in die Altstadt. Positiv stellen wir fest, dass die „weiße Stadt“ am Meer, keine Hochhaustürme bietet und im Winter auch hier Beschaulichkeit einkehrt.

 

 

 

 

 

Bei verschiedenen Gesprächen erfahren wir einiges über das soziale Gefälle im Land:

Der Stundenlohn liegt bei etwa 4,-€, das durchschnittliche Monatseinkommen bei ca. 500,-€. D.h. die Einheimischen können sich die Algarve meist nicht leisten und machen Urlaub im Hinterland an den Stauseen oder im Norden des Landes. Hier, im Süden, tummeln sich quasi die wohlhabenden Menschen aus ganz Europa. Jetzt verstehen wir auch, warum nördlich im Lande viele Stellplätze kostenlos sind. Das wird von den Gemeinden quasi als „Sozialleistung“ angeboten.

Wir kommen ganz schön ins Grübeln…

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