Strahlend weiß und an bizarre Stufen erinnernd, ragen monumentale Felsformationen nahe der Gemeinde Realmonte aus dem Meer. Dieser Ort, der „Scala dei Turchi“ genannt wird, ist zu einer Touristenattraktion geworden. Auch wir sind völlig begeistert, als wir uns das weiße Schmuckstück, eingerahmt von hellen Sandstränden und azurblauem Meer, zunächst von oben ansehen.
Die „Scala dei Turchi“, die „Treppe der Türken„, ist nicht nur ein Naturschauspiel sondern auch Erzähler von Legenden: Der zweite Teil des Namens soll auf sarazenische Piraten zurückgehen, die im Volksmund „Türken“ genannt wurden und bei Überfällen ihre Boote im Windschatten des Felsens verankert haben sollen.
Bevor wird dort ankommen, fahren wir 135 km an der Südküste entlang, durch eine ruhige Gegend und ein landwirtschaftlich genutztes Gebiet mit vielen Gewächshäusern. Wieder eine ganz andere Gegend. Vorbei an der schönen Stadt Licata mit ihrer weithin sichtbaren Burg auf einem Felsen, nähern wir uns dem Ort Agrigent und damit dem „Val dei Templi“, dem Tal der Tempel.
Es ist viel los dort, Leute mit dicken Reiseführern marschieren im weitläufigen Gelände herum. „Haben wir jetzt Lust auf alte Steine“? frage ich meinen Fahrer. Nein, haben wir nicht. Bei dem schönen Wetter zieht es uns an den Strand und zu den weißen „Türken-Treppen“. Wir umrunden das Tal der Tempel mit dem Wohnmobil und gewinnen so einen guten Überblick über diese außergewöhnliche Ausgrabungsstätte.
Auf dem Stellplatz „Punta Piccola Park“ in Porto Empedocles finden wir einen Platz in der ersten Reihe mit Meerblick. Hier bleiben wir einige Tage. Der langgezogene Sandstrand verlockt zum Sonnenbaden und Schwimmen im Meer. Wunderbar.
Die berühmten Kalkfelsen sind über den Strand in 20 Minuten erreichbar. Sie dürfen nicht mehr betreten werden. Zu viele „Türken“ haben auf dem empfindlichen Kalkgestein ihre Spuren hinterlassen. Ein hässlicher Zaun trübt den Blick ein wenig, eine freundliche Dame „vom Amt“ erklärt, warum man nicht weitergehen darf. Wir machen die üblichen Fotos, der schmale Strand ist nicht wirklich attraktiv. So wandern wir nochmal nach oben, genießen den Überblick und essen ein paar sizilianische Spezialitäten.
Und weiter gehts an der Südküste entlang in das Bergdorf Caltabelotta. Ich hatte den Tipp erhalten, dass es in dem Dorf das beste Olivenöl von ganz Italien geben soll. Die uralten Olivenbäume, die bis auf 1000 m hoch an den Hängen wachsen, haben hier oben die besten Bedingungen. Die Adresse von >Olivenöl Cotone< hatte ich aus dem Internet. Der Shop hatte geöffnet, nichts wie hin. Bei herrlichem Sonnenschein verdingt sich Dirty Harry wieder als Bergziege und wir erreichen das Dorf über enge Serpentinen, die in noch engeren Dorfstraßen münden.
Mir wird schon wieder Angst und Bange ob wir hier steckenbleiben. Wir finden auf dem Dorfplatz einen Parkplatz. Die alten, Pfeife rauchenden Männer, haben jetzt Abwechslung und schauen uns zu, wie wir, mit dem Handy in der Hand, den Olivenölladen suchen gehen. Treppauf- treppab laufen wir durch die verwinkelten Gassen. Es kann doch nicht sein, dass hier oben ein Geschäft sein soll, sinnieren wir, da kommt doch keiner hin! Schon ziemlich verzweifelt, treffen wir auf eine alte Frau. Sie versteht was wir suchen und zeigt immer mit dem Finger nach unten ins Tal. Dort sollen wir hingehen, aber vorher anrufen, gestikuliert sie bestimmend! Wie soll ich irgendwo anrufen, wo ich doch kein Italienisch spreche. Ich will ihr mein Handy geben und auch über den Google-Übersetzer mit ihr sprechen, damit ich alles besser verstehe. Sie macht mir durch eine Handbewegung (zwei Finger an jeder Seite der Stirn) klar, dass sie das Teufelszeug, sprich das Handy nicht anfassen, geschweige denn dort reinsprechen will und redet nochmal wild mit dem Händen fuchtelnd auf uns ein. Wir sollen nach unten. Dort gibt es das was wir suchen. Das machen wir dann auch, finden aber keine Olivenöl- Firma! So schade! Aber der Ausflug auf den Berg war schön und der Ausblick vom Gipfelkreuz atemberaubend! Das entsprechende Öl bestelle ich dann halt im Internet.
Selinunt, die Stadt am Meer mit ihrem berühmten archäologischen Park, ist einer der größten Ausgrabungsstätten Europas. Der antike Name dieser Stadt lautete Selinon, was soviel wie wild wachsende Petersilie bedeutet. Auf dem riesigen Ausgrabungsgelände befinden sich Tempel der griechischen Götter. Wir wollen auch hier nur mal einen Blick werfen. Auf den großen Parkplätzen vor den Eingängen ist nichts los. Wir können aber hier leider nicht stehen. Geschickt ist der Park durch hohe Büsche, Tore und Mauern abgeschirmt. Na gut, dann kommen wir irgendwann wieder hierher. Die griechische Mythologie übt auf mich immer noch eine große Faszination aus.
Von unserer Olivenöl-Suchfahrt in den sizilianischen Bergen erholen wir uns auf einem schönen Stellplatz in Mazara del Vallo. Der mit Olivenbäumen(!) begrünte Platz trägt den passenden Namen: Area Sosta Camper Il Giardino dell‘ Emiro. Wer in der Gegend unterwegs ist, der Platz lohnt sich. Die sympathischen Betreiber bringen Gebäck ans Womo und zeigen stolz was sie hier aufgebaut haben. Neben einem großzügigen Duschhaus, gibt es auch eine perfekte Entsorgungsstation.
Wovon träume ich nachts? Von Olivenbäumen und nicht gefundenen Olivenöl-Mühlen.
Wir fahren weiter und schlendern gemütlich durch die alte Hafenstadt Marsala. Sie liegt an der Westküste der Insel. Nach ihr wurde der berühmte Wein bekannt. Die Stadt riecht auch heute noch nach Wein! Wir finden Platz auf einem großen Parkplatz in Innenstadtnähe. Die von mir schon erwähnte App >Park4Night< erweist sich besonders bei der Parkplatzsuche in größeren Orten als sehr hilfreich. Auf dem Parkplatz studieren wir die große Preistafel, als ein Mann zu uns kommt und erklärt, wie immer mit Händen und Füßen, dass wir jetzt in der Siestazeit, also zwischen 12.00-16.00 Uhr keine Parkgebühren bezahlen müssen. Zum wiederholten Male fällt uns die Hilfsbereitschaft der Italiener auf. Ungefragt weisen sie dich auf positive oder hilfreiche Sachen hin. Super!
Auf der berühmten „Salzstraße“ mit ihren vielen noch aktiven Windmühlen, wunderbar anzusehen, fahren wir weiter nach Trapani. Wir lassen uns Zeit auf dieser Strecke, sie erinnert an das gemütliche Holland und ist auch gleichzeitig ein Surferparadies. Die Kite-Segel sind weithin sichtbar, der Wind auf dem Wasser hat offenbar die richtige Stärke.
In der stolzen Stadt Trapani übernachten wir für 10 Euro auf einem großen Parkplatz hinter einer Firma. Der Platz wird von vielen Wohnmobilsten genutzt. Am nächsten Morgen geht unser „Morning Walk“ doch mal kurz in die Stadt. Obwohl wir schon so viele davon gesehen haben, bin ich immer noch neugierig, weil es stets Neues zu entdecken gibt.
Das Dorf Erice, welches auf dem der Stadt vorgelagerten Berg auf der Spitze thront, wäre auch unbedingt einen Besucht wert! Wir cruisen beim nächsten Mal hoch, gerade verschwindet alles in einer dunklen Wolke!
Stattdessen fahren wir, „de Eck eröm“, wie man im Rheinland sagen würde und biegen auf die Nordküste Siziliens und damit auf die „Zielgerade“ unseres Aufenthaltes auf der Insel ein. Ich hatte nur noch einen Besichtigungspunkt an dieser sehr bergigen Küste auf dem Zettel. Die Stadt Cefalù, von der jeder sagt: Da musst du unbedingt hin! Ich bin schon sehr gespannt.
Wir fahren gemütlich auf der Autobahn und kommen in den Dunstkreis der Hauptstadt Palermo. Diese wollten wir eigentlich auslassen. Und was hatten wir nicht alles schon über diese Stadt gehört! „Da geht es zu wie in Sodom und Gomorrha, hinter jedem Baum bzw. Haus lauern Diebe, da wird dein Wohnmobil aufgebrochen oder gar geklaut! Fahrt da bloß nicht hin!“ Beim Schreiben fällt mir auf, wie negativ das alles klingt. Dieses schöne Bild ist genau das Gegenteil davon, so wie die Stadt auch.
Normalerweise hören wir auch nicht auf solche Geschichten. Wir bewegen uns überall umsichtig und mit der nötigen Sorgfalt. Bei uns spielten eher Zeitgründe eine Rolle, weswegen wir die Stadt nicht auf dem Zettel hatten. Der Verkehr wird dichter, ich bin froh wenn wir an der Stadt vorbei sind. Plötzlich sagt mein Fahrer: „Ach, wenn wir doch schon mal hier sind, sollten wir auch einen kurzen Blick werfen“, nimmt die nächste Ausfahrt und stürzt sich in das Verkehrsgetümmel. Es ist einfach unglaublich was hier abgeht. Von allen Seiten kommen Fahrzeuge jedweder Art und steuern rücksichtslos auf ihr Ziel zu. Verkehrsregeln? Noch nie gehört! Durchgezogene Linie, Überholverbot? In Palermo scheint das alles nicht zu gelten. „Casablanca war schlimmer“, sagt Dieter und fährt und fährt. Er hatte in der besagten App einen bewachten Parkplatz entdeckt (GPS: N38°6’36“; E13°20’33“).
Von dort aus sei es nicht weit in die Stadt, steht in den Bewertungen. Wir finden den Parkplatz und der Chef hat sogar noch einen Platz für uns. Zum Übernachten wäre es nicht gegangen, weil alles reserviert war. Das wollten wir auch nicht, wir wollten ja nur mal gucken. Vier Stunden schlendern wir durch diese prachtvolle, spannende, gegensätzliche, charmante und vielseitige Stadt! Vorbei an der eindrucksvollen Kathedrale von Palermo aus dem 12. Jahrhundert, zum imposanten Teatro Massimo. Die wunderbaren Brunnen aus dem 16. Jahrhundert nicht zu vergessen und die berühmte Straßenkreuzung, Quattro Canti. Der Platz im Zentrum der Stadt fällt vor allem wegen seiner barocken Architektur auf.
Wir schlendern durch enge Gassen. Die Wäsche hängt von den kleinen Balkonen, so kennt man das aus italienischen Filmen. Der große Markt schlängelt sich durch ein Viertel, erscheint endlos. Wir staunen nur noch, was hier los ist. Jede*r preist seine Waren an. ein ohrenbetäubender Lärm, begleitet von Gerüchen aus aller Welt. Die Fußgängerzonen mit ihren mondänen Geschäften ziehen dich in ihren Bann. Kurzum wir sind völlig begeistert! Ich kann nur jedem raten, diese Stadt zu besuchen. Unser Tipp: Am besten in der Siesta-Zeit. Als wir nämlich in dieser Zeit die Stadt verlassen, sind die Straßen leer. Vorher genießen wir aber noch die berühmten sizilianischen Reisbällchen (Arancini Siciliani). :-))
Viele Tunneldurchfahrten später kommen wir dem Campingplatz (www.camping-costaponente.com) vor der Stadt Cefalù an. Der ist nur noch bis 31.10. geöffnet. Das passt für uns. Von der schönen Lage und dem großen Swimmingpool hatte mir unterwegs jemand vorgeschwärmt. Wir finden einen Platz in der ersten Reihe, mit Blick auf diesen Pool. Strand gibt es keinen, der Platz liegt an der Steilküste. Von daher auch keinen Wanderweg in die Stadt. Vor dem CP ist die Bushaltestelle. Ansonsten bleibt nur der Weg über die Hauptstraße. Ehrlich gesagt, fanden wir den Platz nicht so super. Am Swimmingpool sitzen, den Kindern beim Planschen zuzusehen und sonst ziemlich wenig machen zu können, ist nicht so unser Ding.
Wir bleiben eine Nacht und fahren am nächsten Morgen mit dem Dirty Harry in die Stadt. Sie bietet von weitem einen attraktiven Anblick. Dort angekommen, gibt es mehr Wohnmobil-Verbotsschilder als andere Verkehrszeichen. Wir verstehen das in gewisser Weise schon, die Stadt quillt über vor Menschen, die Straßen durch Autos verstopft. Wir finden am Bahnhof Platz. Von dort ist es nicht weit in die Stadt.
Am schönsten erlebe ich den langen Sandstrand, wo sich auch um diese Jahreszeit noch viele Menschen aufhalten. Die Stadt selber ich unglaublich touristisch. Mir fallen da gleich mehrere Orte bei uns in Deutschland ein. Dazu brauche ich nicht nach Sizilien fahren. Schön anzusehen ist die Kathedrale. Von oben vom Berg hat man bestimmt auch einen tollen Blick. Wir aber haben heute „Knie“ und wandern nicht hinauf. ;-))
Für uns gibt es ehrlich gesagt, schönere Orte mit dem typischen nachlässigen Charme, wie z.B. Castelmare del Golfo. Dort hatten wir einige Tage zuvor auf einem familiengeführten kleinen Platz übernachtet. Der Ort hat alles was man brauchte. Gemütlich bummeln, schöner Hafen, offene Lokale, netter Strand und keinen Andenkenladen!
Unseren letzten Tag auf Sizilien verbringen wir in Sant‘ Agata di Militello auf dem privaten Stellplatz Justyne Parking. Er hat 50 Plätze und liegt strandnah im Grünen. Wir biegen um die Ecke, der Platz ist knallvoll mit italienischen Wohnmobilen. Wir wir später erfahren, hatten dort Familien am Wochenende ein regionales Fest gefeiert. Obwohl schon Sonntag Nachmittag, waren alle noch in Feierlaune. Sie begrüßen uns lautstark und klatschen Dirty Harry ab! Es gibt tatsächlich noch einen freien Platz, weil die erste Familie schon losgefahren ist. Oh je, wir halten wir dieses Getöse bloß aus, frage ich mich. Getränke werden uns gereicht, alle sind freundlich. Klar, denke ich, Alkohol ist jetzt dran und setze mich in die Sonne. Und siehe da, nach und nach verabschieden sich die Italiener, packen ihre Tische und Stühle ein. Plötzlich sind wir tatsächlich ganz alleine und es herrscht eine fast gespenstige Stille. Unglaublich! zu allem Überfluss fängt es auch noch an zu regnen. Ein richtiges Unwetter! Was für ein Abschied von dieser unglaublich spannenden Insel.
Im Regen fahren wir weiter, wieder durch viele Tunnel nach Messina. Es herrscht auf der Fähre ziemlicher Wellengang. Ich bin froh, dass die Meerenge von Messina tatsächlich eng ist. Drüben, in Villa San Giovanni angekommen, geht’s rechts rum. Sozusagen über die Zehen des Fußes von Italien setzen wir unseren Weg nach Apulien fort. Und es regnet! Egal, es geht spannend weiter!
Liebe Renate,
vielen Dank für das herzhafte Lachen, welches mich beim Lesen geschüttelt hat
Caltabelotta, genauso ging es uns auch :-))
Liebe Grüße
Oh wie schön Martina! Ich dachte schon, wir sind begriffsstutzig geworden auf Sizilien! Alles Gute weiterhin.