Es gibt immer mal wieder ein erstes Mal! Auch noch in unserem Alter. ;)) So sind wir zum ersten Mal auf Sizilien. Die Meerenge von Messina kannte ich bisher nur aus Büchern. Wir freuen uns wie kleine Kinder, als wir an einem strahlend schönen Sonntag auf der Fähre nach Messina sind. Die Zufahrt zur Fähre ist ein wenig unübersichtlich, es klappt aber alles und wir genießen die relativ kurze Überfahrt.
Runter von der Fähre wollen dann alle gleichzeitig, keiner nimmt Rücksicht alle fahren los. Die Angestellten der Fähre versuchen zwar Ordnung ins Chaos zu bringen, beim Versuch bleibt es dann. Bei allem Hantier, hat man auch noch das Gefühl, in die eng am Kai stehenden Häuser zu fahren. Aber alles geht gut. Bei der Fahrt durch die prachtvollen Straßen Messinas bekommt man schon einen ersten Eindruck von der barocken Kultur in den Städten auf der Insel.
Die Ursache für die Einführung des Barock in Sizilien war das verheerenden Erdbeben von 1693, das viele Städte dem Erdboden gleich gemacht hatte. Dank des Reichtums der damals herrschenden Macht wurden die meisten Städte wieder aufgebaut. Zu der Zeit war der Barock ein moderner Baustil und es hatte sich herausgestellt, das viele barocke Bauten dem Erdbeben standgehalten hatten. Im Südosten der Insel wurden acht Städte des „Val di Noto“ zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Einige Städte werden wir natürlich ausführlich erkunden!
Die Umfahrung der Insel ist Programm, wir beginnen mit der Ostküste. Hier bekommen wir es zunächst mit einer anderen „Berühmtheit“ zu tun. Wir begeben uns hoch in das Bergdorf Savoca. Hier wurden große Teile des Mehrteilers „Der Pate“ gedreht. 1973 sorgte der berühmte Mafiafilm (The Godfather) von Francis Ford Coppola mit Marion Brando als „Don Corleone“ und Al Pacino als sein Sohn Michael in den Hauptrollen für leere Straßen und bei mir für schlaflose Nächte. In Savoca wurden hautsächlich die Jugendjahre des jungen Corleone gedreht. In der Kirche San Nicolò fand die berühmte Hochzeit von Michael mit der schönen Appollonia statt und in der holzvertäfelten Bar Vitelli wurde gefeiert.
Noch immer werden Touristen mit dunklen Limousinen und schwarz gekleideten Chauffeuren dorthin gebracht. An den Schauplätzen gibt es alte Filmaufnahmen und Fotos. Mich haben Dirty Harry und sein Fahrer dort hochgefahren. Es gibt in den alten engen Gassen kein Platz für Wohnmobile. D.H. macht sich ganz klein und ich kann durch das Dorf streifen. Es hat angefangen zu regnen, die dunkle Szenerie löst bei mir Gänsehaut aus, im Film war auch meistens alles eher dunkel. Die bösen Geschehnisse gingen dann besonders unter die Haut.
Zurück im Tal, landen wir wir auf einem netten Stellplatz in einem Olivenhain, mit direkten Meerzugang. Der Chef, Capitano Nino, empfängt uns überschwänglich freundlich auf seinem Camp (www.triscell.it), schmeißt sofort sein Google-Übersetzungsprogramm an und erzählt uns alles, was wir in der Gegend ansehen sollen. Später schickt er noch Restaurantempfehlungen aufs Handy. Ich muss grinsen, denn er sieht aus, wie aus einem Mafia-Film entsprungen. Er schenkt uns sizilianische Zitronen und erklärt genau wie sie aufzuschneiden sind. Sie sind reif, obwohl sie noch ganz grün sind und später erst gelb werden. Wir genießen ein paar Tage seine Gastfreundschaft und gehen am nahen Kiesstrand spazieren. Das Wetter ist ziemlich wechselhaft. Wir zahlen auf dem Stellplatz 18 Euro am Tag. Ist sowas wie ein Festpreis auf der Insel, wie wir im Verlauf unseres Aufenthalts noch feststellen werden. Aber, es gibt auch Ausnahmen von der Regel. Das hilft unserer Reisekasse, denn auf Sizilien darf man nicht frei stehen, sondern muss auf einen offiziellen Platz fahren. Das ist ein kleiner Wermutstropfen in unserer sonst sehr positiven Meinung von der Insel.
Wir kommen nach Taormina, einer bezaubernden Stadt, die wir gerne angesehen hätten. Sie klebt sozusagen am Berg, in 250 m Höhe und gilt als einer der beliebtesten Orte auf der Insel. Damit ist klar, was dort abgeht. Es gibt an diesem Tag keine Briefmarke, auf der D.H. hätte stehen können. Im Gegenteil, der Verkehr läuft im Schritttempo durch die engen Straßen, die Vespas knattern links und rechts an uns vorbei. Ein unglaublicher Verkehr auf allen Spuren. Die Idee meines Fahrers war, im Nachbarort auf einen Stellplatz zu fahren, den Motorroller auszuladen und nach Taormina zurückzufahren. Die dunklen Wolken mehren sich. Ich denke an den wahnsinnigen Verkehr und kann mir nicht vorstellen, unter den Gegebenheiten entspannt die Stadt anzusehen. Vor allem ich, muss mich noch an diesen unglaublichen Autoverkehr und die Rücksichtslosigkeit der italienischen Autofahrer gewöhnen. Dieter hat schnell gelernt. Wenn du an einer Kreuzung oder beim Kreisverkehr zu viel Rücksicht nimmst, stehst du am nächsten Tag noch dort. Hier werden jedwede Verkehrsregeln italienisch ausgelegt. :-))
Wir wollen zurück in die Natur und zum berühmten Vulkan, fahren dazu an der Ostküste entlang weiter nach Süden bis nach Fiumefreddo di Sicilia.
Hier stehen wir auf einem Stellplatz mit großen Wiesenplätzen und einem gigantischen Blick auf den schneebedeckten Ätna. Als wir ankommen im „Oasi Park Garden Club“ hüllt der Berg sich noch in dunklen Wolken. Wir wollen natürlich auch auf diesen Vulkan, der um einiges höher ist als der Vesuv.
Der Ätna ist mit rund 3357 Metern über dem Meeresspiegel der höchste aktive Vulkan Europas. Er ist eine der wichtigsten Natursehenswürdigkeiten der Insel und der höchste Berg auf Sizilien. Seine Höhe ändert sich bei jedem Ausbruch. Er wurde im Jahr 2013 in die UNESCO Weltnaturerbeliste aufgenommen. Im Winter wird dort Ski gefahren, und im Sommer gibt es wunderbare Wandermöglichkeiten.
Der Stellplatz gefällt uns gut. Er ist ganzjährig geöffnet und kostet im Winter 10 Euro. Auch hier erzählt uns der freundliche Betreiber, Saverio Dipierro, was es alles zu sehen gibt, lädt uns auf einen Kaffee ein. Gegenüber des Stellplatzes wartet das Meer mit einem langen Sandstrand. Wir aber wollen auf den Berg. Am nächsten Tag strahlt die Sonne hell vom klaren Himmel, wir brechen auf.
Wir nehmen die Nordroute auf dem Berg; in 1800 m Höhe gibt es einen großen Parkplatz. Dort wollen wir ggf. übernachten. Die Auffahrt ist großzügig und gut zu befahren, keine engen Haarnadelkurven wie beim Vesuv. Es geht immer durch den Wald, bald beginnen die Lavafelder. Sie wirken unheimlich zwischen den grünen Bäumen wie schwarze herausgestreckte Zungen kommen sie mir vor.
Auf dem oberen Parkplatz angekommen, ist es schon empfindlich kälter geworden. Es ist nichts los hier oben. Wir laufen einfach mal los unter dem Skilift, der momentan nicht in Betrieb ist, her, nach oben. An einer professionelle Besteigung, wie sie überall angeboten wird, wollen wir nicht teilnehmen. Für den Anfang nur einfach mal die Gegend auf uns wirken lassen. Wir sind auf 2000 m Höhe, leider ziehen jetzt doch langsam Wolken über den Kamm und fallen wie Watte auf uns hinab. Nebel hüllt uns ein, es wird kälter und unheimlicher. Durch die erkaltete Lava um uns herum ergibt sich ein eher düsteres Bild. Wir kehren um. Ein Blick auf die Wettervorhersage bringt uns auch von der Idee ab, hier oben zu übernachten. Die Temperatur soll in der Nacht fast bis auf 0° fallen und Schnellfall ist angekündigt. Von dem später erfolgenden Ausbruch bekommen wir „nur“ aus der Ferne etwas mit….
Da fahren wir doch lieber zu dem Übernachtungsplatz, den mein Fahrer alternativ ausgesucht hat. Er liegt auf 1500 Meter Höhe in Passopisciaro und ist ein Weingut. Super, das gefällt mir. Wir sind die einzigen Gäste auch später im „Ristorante Bianca di Navarra„, welches neben einem Swimmingpool noch zum Anwesen gehört. Der Weg dahin war etwas sehr holprig. Ich verstehe ja, dass Dirty Harry manchmal auch seine Herausforderung braucht, die breite Umgehungsstraße wäre mir lieber gewesen. ;-))
Unser Gastgeber, lädt uns auf eine kleine Weinprobe ein. Im Keller ist die Verarbeitung des Leseguts in vollem Gange. Ich bin in meinem Element. Guiseppe Conte erzählt, dass er Weinbau auch in Deutschland studiert und oft die Mosel besucht hat. Der Rieslinganbau dort in den Steillagen interessierte ihn besonders. Die Welt ist klein. Hier, an der Nordseite des Ätna, wird die seltene Traube Nerello Mascalese angebaut. Sie kommt am besten mit den klimatischen Bedingungen am Vulkan zurecht. Die Rebstöcke sind bis zu 200 Jahre alt. Ganz beeindruckt nehmen wir den Wein, mit einem Weinheber aus den kleinen Eichenfässern gezapft, zu uns. Die Weinpreise sind entsprechend hoch. Der Winzer ist stolz auf seine Produkte.
Beeindruckt verlassen wird im Sonnenschein am nächsten Morgen die Nordseite des Ätna. Der Berg gönnt uns noch einen letzten Blick auf seine Spitze.
An Catania, der zweitgrößten Stadt der Insel, berühmt u.a. für die Piazza Duomo, die breiten Boulevards, den unvergleichlichen Elefantenbrunnen und den lebhaften traditionellen Markt, können wir nicht vorbeifahren. Unser Wohnmobil steht safe auf einem bewachten Parkplatz unter einem Eisenbahntorbogen in der Nähe des Hafens (hier wird einige Tage später alles überschwemmt sein, Glück gehabt!!!). Von dort sind es nur wenige hundert Meter bis in das barocke Stadtzentrum. Wir sind begeistert von dieser Pracht!
Und weiter gehts nach Süden. Wir freuen uns jetzt auf Syrakus und die Halbinsel Ortigia!