Das Wetter schlägt um, als wir in Pompei losfahren. Es regnet ohne Unterlass, die Wolken hängen tief. Für die nächsten Tage ist keine Wetterbesserung in Sicht. Schweren Herzens verabschieden wir uns von der Idee mit dem Motorroller die Amalfiküste entlang zu fahren. Auch die Caprifischer müssen leider ohne mich in der roten Sonne ihre Netze auswerfen. :-((
Stattdessen fahren wir weiter an der Küste entlang nach Süden, verlassen die Region Kampanien und tauchen ein in die zerklüftete Bergwelt der Basilikata. Kaum eine Region Italiens ist so wild, abwechslungsreich und unberührt wie die Basilikata. Sie ist bekannt für ihre einsamen Strände und Buchten, die sich abwechseln mit sattgrünen Wäldern und kargen Berglandschaften. Ich hatte im Zusammenhang mit dem neuen James Bond Film über diese dünn besiedelte und einzigartige Landschaft gelesen. Große Teile des Films wurden hier in der Gegend, in Maratea und Matera gedreht. In beide Städte kommen wir noch. In die eine gleich im Anschluss, in die andere später im Reisebericht zu Apulien.
Die Gegend hier nennt man auch das Brasilien Italiens. Das Wetter wird der Bezeichnung aber im Moment nicht gerecht. Es schüttet wie aus Eimern, der Wassernebel wabert über die schmale Nationalstraße, die Wolken hängen tief über den Bergen und engen Taleinschnitten. Schade, von der rauhen Schönheit der Gegend sehen wir wenig. Wasserfontänen spritzen einen Meter hoch, wenn die waghalsigen italienischen Autofahrer bei dem Wetter überholen, als gäb‘s kein Morgen. Und die berühmte Christus-Statue auf dem höchsten Punkt des Monte San Biagio (650 m hoch) in Maratea werde ich wohl nicht zu sehen kriegen. Alles in Wolken! Ich grummele so vor mich hin. Immer wenn es spannend wird, kommt das Wetter dazwischen. Ich glaube, das hat jemand gehört. Als wir runter an die Küste kommen, reißt der Himmel auf. Mein Fahrer sagt: „Nix wie hin zu deiner Statue, bevor es sich das Wetter wieder anders überlegt“. Wir fahren die enge Küstenstraße entlang. Es gibt spektakuläre Ausblicke aufs Meer und die Berge. Die Ortschaften kleben wie Waben an den Hängen, ist alles ziemlich aufregend. Ich hatte vorher gelesen, dass der Aufstieg auf den Monte San Biagio von Maratea aus ein einzigartiges Erlebnis sei.
Das glaube ich gerne. Vom Ort aus kann man den Wanderweg sehen und auch die vielen Stufen, die zwischendurch zu bewältigen sind. >Stairway to Heaven< wird er auch in Publikationen genannt! Aber wir haben ja >Dirty Harry< und wir sind in der Nachsaison! Also laufen wir nicht, wir fahren hoch. Die Aussicht ist mal wieder sensationell, je höher wir kommen. Die Wolkenfetzen hängen in manchen Tälern. Es sieht aus als hätte es geschneit!
Auf dem oberen Parkplatz angekommen, wartet mein Fahrer und D.H. auf mich. Ich laufe das letzte Stück zu Fuß. Es ist aufregend. Ganz alleine erklimme ich die Stufen und laufe durch das verfallene Dorf, auf den Spuren von 007 nach vorne zur Spitze auf die Christus-Figur zu. Ein Gänsehautmoment, als der >Christus von Maratea< vor mir auftaucht. Ich bin ganz alleine dort! In der Saison wimmelt es hier nur so von Menschen. Die Figur ragt 22 Meter vor mir auf. Die Spannweite der ausgebreiteten Arme beträgt 19 Meter und der Kopf ist drei Meter hoch. Das Monument wurde von dem Bildhauer Bruno Innocenti aus einer Spezialmischung von Zement und weißem Marmor geschaffen und ist das Wahrzeichen Marateas.
Früher hatte hier oben ein Eisenkreuz gestanden. Es sollte an den Sieg über die französische Soldaten erinnern, die 1806 versucht hatten, Maratea einzunehmen. Dieses Kreuz wurde jedoch immer wieder vom Blitz getroffen und stürzte um. So kam man auf die Idee mit der Christus- Statue. Ganz andächtig laufe ich um die Figur und fühle mich ganz klein!
Die Sonne kommt auch noch zum Vorschein und macht zusätzlich diese Stunden hier oben unvergesslich! Als ich zurückkomme, hat Dieter einen Campingplatz an der Küste ausfindig gemacht. Hier wollen wir ein paar Tage relaxen. Das haben wir uns auch redlich verdient. Wir fahren in die untergehende Sonne und kommen quasi mit dem letzten Sonnenstrahl in der Kleinstadt Scalea an. Wir sind damit auch jetzt in Kalabrien! Die Region kenne ich bisher nur aus Mafia-Romanen ;-)).
Der kleine, rustikale Campingplatz „Area Camper Balneare Dolce Vita“, liegt direkt am langen Sandstrand. Die Eigentümer empfangen uns freundlich, sind besonders aber an dem Allrad interessiert. Dirty Harry freut sich. Sie haben hier das ganze Jahr über geöffnet, während links und rechts die Campingplätze fast alle schon geschlossen sind. Über italienische Campingplätze könnte ich einen eigenen Bericht schreiben. Sie sind mit deutschen Standards nicht zu vergleichen, insbesondere was die Sanitäreinrichungen angeht. Dafür haben die Menschen aber das Herz auf dem rechten Fleck und wir nehmen alles wie es kommt. Die Preise liegen so zwischen 15- und 25 Euro. Wer länger bleibt, erhält meistens einen ziemlichen Rabatt. Und fast überall ist der Strom inkludiert. Beide Vorteile treffen auf uns nicht zu. Wir bleiben nicht länger und brauchen auch keinen Strom.
In dem kleinen Camp fühlen wir uns wohl, relaxen, gehen schwimmen und genießen den Blick aufs Meer. Auch hier gibt es einen Regentag, der auf dem Wasser zu beeindruckenden Farbenspielen führt. Von netten Nachbarn erhalten wir den Tipp, auf unserem weiteren Weg nach Süden unbedingt das schöne Städtchen Tropea anzusehen. Was wir auch machen. Die Straße windet sich wieder einmal in engen Kurven über dem Meer zu dem Ort, dessen Altstadt auf einem Felsen liegt. Auf dem gegenüberliegenden Felsen befindet sich die jahrhundertealte Kirche Santa Maria. Insgesamt ergibt sich ein malerisches Bild. Wir erfahren auf den beiden Campingplätzen, die zu Füßen der Stadt unter Bäumen geduckt liegen, dass sie 25 Euro für einen handtuchgroßen Stellplatz wollen. Das machen wir nicht mit. Da unten „im Dunkeln“ werde ich depressiv. Wir machen kehrt und stellen uns auf den großen Wiesenparkplatz am Beginn der Stadt, mit tollem Blick auf die auf dem Felsen gelegene Altstadt. Dort stehen schon ein paar Wohnmobile. Im Gespräch erfahren wir, dass es ihnen auf den Campingplätzen genauso ging wie uns.
Wir bleiben hier, treffen unsere Sicherheitsvorkehrungen und schauen uns das pittoreske alte Städtchen an. Es geht gefühlt hundert Stufen nach oben. Hier auf der alten Piazza eröffnet sich uns ein wunderbarer Blick in die Umgebung. Ein Bummel durch die Altstadtgassen macht Spaß, wir fühlen uns hier wohl. Danke für den Tipp, lieber Nachbar aus Scalea!
Zurück im Fahrzeug lassen wir den Abend bei einem guten Roten ausklingen. Ein Polizeifahrzeug biegt auf den Platz ein und zwei symphatische junge Männer begrüßen uns freundlich mit Salve Signora e Signore! Ich muss bei dieser Anrede, an die ich mich immer noch nicht richtig gewöhnt habe, immer schmunzeln und an Asterix & Obelix denken!
Sie wollten uns nur mitteilen, dass wir hier stehen bleiben dürfen, aber nur stehen und nicht campen! Das machen wir sowieso nie, wenn wir auf öffentlichen Plätzen übernachten! Wir danken und freuen uns mit offizieller Genehmigung auf diesem schönen großen Gelände sein zu können.
Am nächsten Morgen fahren wir im schönsten Sonnenschein noch am Capo Vaticano vorbei. Beim Frühstück gibt es von hier einen tollen Blick auf den rauchenden Vulkan Stromboli, der weit draußen im Meer auf der gleichnamigen Insel auf sich aufmerksam macht. Da kommt die richtige Vorfreude auf Sizilien auf.
Wie wird es uns auf der Insel wohl gefallen? Der nächste Reisebericht bringt’s an den Tag!
Hallo ihr beiden,
spektakuläre Bilder von Statue und Meer.
Sehr schön anzusehen.
Liebe Grüße von der Costa Calida
Martina & Roland
Ja, es gibt so schönen Gegenden zu entdecken! Und schön, von euch zu hören!
Viele liebe Grüße aus Apulien von uns!